Freitag, 27. Januar 2023 pro Troisdorf-Interview mit Mark Schlatter, NKT-Vice President Service Germany und Lukas Tack, Director Sales Service & Installation

Seit Sommer 2020 unterhält der dänische Konzern NKT an der Gierlichstraße auf dem früheren DN-Campus eine Service-Niederlassung. Das Unternehmen stellt Kabel und Zubehör (Garnituren zur Verbindung von Kabeln) für Hoch- (525 Kilovolt), Mittelspannungskabel (19 bis 72 Kilovolt), aber auch Niederspannungskabel zur Hausinstallation her.

Schlagzeilen machte NKT, als der Kabelhersteller 2020 den Auftrag für die Stromkorridore SuedLink und SuedOstLink erhielt. Diese Höchstspannungs-Gleichstromtrassen sollen Windstrom vom Norden in den Süden Deutschlands transportieren. Monteure aus Troisdorf werden am Bau beteiligt sein.

Christian Seigerschmidt, Vorstandsvorsitzender des Unternehmer-Clubs pro Troisdorf, und Carsten Seim sprachen mit Mark Schlatter, NKT-Vice President Service Germany, und Lukas Tack, Director Sales Service & Installation. Sie stellen das Leitungsteam der Troisdorfer Niederlassung. Diese stellt sich am 1. Februar bei einem Unternehmer-Frühstück vor. Ausrichter sind pro Troisdorf und die Wirtschaftsförderungsgesellschaft TROWISTA.

NKT: Troisdorfer Monteure bauen Windstromautobahnen der Zukunft

Welches Tätigkeitsspektrum erledigt die Niederlassung Troisdorf?

Mark Schlatter: Wir sind hier zuständig für Installation und Service. Wir verantworten gemeinsam mit einem weiteren Standort in Berlin den Service für Deutschland sowie Nachbarländer: die Niederlande, Österreich, die Schweiz, Belgien und Frankreich. Unsere Monteure rücken aus, wenn es zu Störungen am Stromnetz kommt – zum Beispiel in Städten, aber auch „offshore“. Zusätzlich sind die Monteure für die Kabel-Neuverlegung zuständig. Beispielsweise übernehmen wir die Installationen für die Stromkorridorprojekte „SuedOstLink“ und „SuedLink“. Über diese Stromautobahnen soll Strom aus erneuerbaren Energien wie Wind und Wasserkraft von der Nordsee und aus Norwegen in den Süden Deutschlands fließen. Projektstart ist 2025. Wir bilden bereits jetzt das Personal dafür in unserem Troisdorfer Trainingscenter aus.

Lukas Tack: Ein weiteres Standbein hier in Troisdorf ist das Oil & Gas Cable Competence Centre (OGCCC). Das heißt: Wir kümmern uns um die in den 50er- und  60er-Jahren üblichen Öl- und Gas-isolierten Hochspannungsleitungen und stellen unser Know-how im Konzern international zur Verfügung. Dieses Spezialwissen ist kaum noch verfügbar, denn damals hat man nicht alle Parameter minutiös aufgeschrieben, und diejenigen, die die Infrastruktur gebaut haben sind längst aus dem Berufsleben ausgeschieden. Wer mit dieser alten Kabeltechnik umgehen will, braucht Monteure, die Erfahrung mit der alten und der neuen Hochspannungskabel-Technologie haben – zum Beispiel, wenn ein Stück neues Kabel einzuflicken ist. Unsere Fachleute reisen dafür unter Umständen zu Kunden weltweit.

Ganz wichtig dabei ist es, die richtigen Kabel Accessories im Gepäck zu haben. In Troisdorf stellen wir diese „Garnituren“ aus zugelieferten Einzelteilen her. Das sind vereinfacht ausgedrückt riesige Lüsterklemmen, mit denen wir unsere Kabel verbinden.

Nicht fehlen darf dabei entsprechendes Spezialwerkzeug. Dies halten wir in Troisdorf für Aufträge vor und kümmern uns um Wartung, Prüfung und Ersatz.

Warum haben sie sich für den Standort Troisdorf entschieden?

Schlatter: Wegen der zentralen Lage. Bei Störungen im Stromnetz sind wir von hier aus sehr schnell beim Kunden. Zudem gibt es in der Region eine Tradition der Hochspannungstechnik. NKT hat vor mehreren Jahren die Firma Felten & Guilleaume in Mülheim übernommen. Ein weiterer Grund für unsere Standortentscheidung war der Unternehmer Hans-Werner Pütz mit seiner Pütz-Gruppe. Sie haben uns sehr fair und kooperativ behandelt und den Neubau exakt nach unseren Wünschen erstellt. Sie sind als Vermieter immer sehr bemüht, alle unsere Anliegen zu bedienen. Ein weiterer Grund für Troisdorf: Auch unser neues Kabelwerk im Chempark Köln bei Leverkusen liegt auf der rechtsrheinischen Seite. Wir können es vom Standort Troisdorf aus sehr schnell erreichen.

Wie groß ist Ihr Team in Troisdorf – und welche Qualifikationen beschäftigen Sie?

Tack: Wir haben in Troisdorf rund 90 Mitarbeitende. 50 davon sind Monteure. Darüber hinaus gehören Projektleiter, Ingenieure, Planer und Vertriebsmitarbeiter zum Team. Diese brauchen umfassende elektrische Kenntnisse und Sicherheitsqualifikationen. Für internationale Einsätze darf natürlich Englisch nicht fehlen.

Die Monteure führen wir über Jahre hinweg an immer anspruchsvollere Aufgaben heran. Dafür finden in unserem Troisdorfer Trainingscenter und auf den Baustellen Schulungen statt. Bis sie universell einsetzbar sind, dauert es acht bis zehn Jahre.

Wie schätzen Sie Ihre geschäftlichen
Perspektiven ein?

Schlatter: Wir rechnen bis 2030 mit jährlichen Wachstumsraten von acht Prozent. Haupttreiber dafür sind Offshore-Windparks. Denn der dort produzierte Windstrom muss an Land gebracht werden. Dafür ist unser Standort im schwedischen Karlskrona zuständig. Wenn deutsche Kunden uns bezüglich Offshore ansprechen, geben wir das Anliegen nach Schweden weiter. Wir haben in Troisdorf aber auch Monteure mit Offshore-Erfahrung. In Deutschland muss der Strom dann aus dem Norden zu den Verbrauchern im Süden transportiert werden. Die Installation dieser Stromkorridore wird hauptsächlich vom Service-Standort in Troisdorf durchgeführt.

Ein weiterer Wachstumstreiber ist die Digitalisierung: Damit verbundener Betrieb sowie die Kühlung von Rechenzentren sind Großverbraucher, die eine entsprechende Leitungsinfrastruktur brauchen. Es gibt zum Beispiel einen Internet-Knotenpunkt in Frankfurt, an dem immer wieder neue Rechenzentren entstehen. Auch Büros in Großstädten brauchen Energie.

Großes Wachstumspotenzial bringt uns auch die E-Mobilität. Denn Elektro-Autos müssen geladen werden. Da ist man schnell einmal bei 100 Kilowatt Ladeleistung für eine Schnelladestation. Die vorhandenen Stromnetze in den Städten sind für solche Bedarfe nicht ausgelegt. Hier müssen parallel neue Kabelnetze verlegt werden, zumal die alte Infrastruktur aus den 50er- und 60er-Jahren das Ende ihrer Lebensdauer erreicht. Wer zu uns kommt, kann sicher sein, dass ihm die Arbeit nicht ausgeht!

Suchen Sie Personal?

Tack: Da der Markt für uns aus den beschriebenen Gründen wächst, suchen wir nach neuen Monteuren, die bei uns mitarbeiten möchten. Einstiegsvoraussetzung bei uns ist beispielsweise eine abgeschlossene Elektriker- oder Schlosserausbildung. Einen direkten Ausbildungsberuf „Kabeltechniker“ gibt es nicht mehr, daher schauen wir etwas breiter und sind da recht offen. Willkommen sind uns auch Interessenten, die im technischen Projektmanagement aktiv waren. Wir stehen allerdings im Wettbewerb mit anderen Unternehmen und spüren natürlich auch den Fachkräftemangel. Daher setzen wir in dieser Lage darauf, unser Personal zu halten. Tatsächlich sehen wir die veränderten Bedürfnisse von jungen Arbeitnehmern schon länger, denn wer als junger Monteur gern in der Welt unterwegs war, sieht das möglicherweise anders, wenn er eine Familie mit Kindern gegründet hat. Es ist kein Geheimnis, dass wir nach Metall-Tarif zahlen und unsere Monteure lukrative Zulagen bei Außeneinsätzen erhalten. Wir bilden Neueinsteiger in unserem Trainingscenter weiter. Danach gehen sie in Begleitung mit erfahrenen Leuten auf die Baustellen und werden über die Jahre weiterentwickelt. Das bietet attraktive Karriere-Optionen. Sie können dabei bis zum Leitenden Monteur aufsteigen oder sogar Bauleiter werden. Weitere Aufstiegsmöglichkeiten: Trainer für weitere Monteure und Projektleiter.

Geschäftsbereichsleiter und Standortleiter Mark Schlatter, NKT-Vice President Service Germany:  Ich habe in Stuttgart Luft- und Raumfahrttechnik studiert und später noch einen Abschluss in Wirtschaftswissenschaften und Wirtschaftsrecht an der Fernuniversität Hagen gemacht. Beruflich war ich über zwanzig Jahre im in verschiedenen Servicebereichen im Maschinenbau tätig. So war ich unter anderem bei Alstom Power im Gasturbinenservice für Gaskraftwerke engagiert und war hierfür auch sechs Jahre in Dubai, um einen lokalen Servicestandort aufzubauen. Meine letzte Station vor NKT war die General Electric-Niederlassung in Bergisch-Gladbach, wo ich das Dampfturbinenservice-Geschäft als Geschäftsbereichsleiter und Standortleiter betreut habe. Die Leitung am NKT-Standort Troisdorf habe ich im Oktober 2022 übernommen.

Vertriebsleiter Lukas Tack, Director Sales Service & Installation, zuständig für Deutschland, Benelux und Frankreich: Ich bin seit neun Jahren bei NKT. Zuvor war ich Unternehmensberater bei der Boston Consulting Group in der Energie und Industriepraxisgruppe und bin dort auch NKT begegnet. Hier war ich zunächst als Inhouse Consultant für die Geschäftsführung tätig, habe dann die Leitung aller Monteure weltweit übernommen und den Standort in Troisdorf gebaut. Vor meinem Berufseinstieg habe ich an der RWTH in Aachen Wirtschaftsingenieurwesen, Maschinenbau und Betriebswirtschaftslehre studiert

Interview: Christian Seigerschmidt, Carsten Seim

pro Troisdorf-Fact Sheet

NKT A/S und NKT-Niederlassung Troisdorf:

  • Unternehmen:  Nordiske Kabel og Traadfabriker, dänisches Unternehmen, Zentrale in Brøndby/Kopenhagen
  • Chairman: Jens Due Olsen
  • President & Chief Executive Officer (CEO):  Alexander Kara
  • Geschäftsfelder: Hersteller von Hochspannungs-, Mittelspannungs- und Niederspannungskabeln; Kabelservice onshore und offshore, Technologie-Beratung, sichere Energieverteilung (Kabel für Umspannwerke und Trafostationen), Kabelgarnituren zur sicheren Verbindung von Stromkabeln.
  • Verkaufsniederlassungen: rund 30 weltweit
  • Konzern-Umsatz: 1,3 Milliarden Euro (2021)
  • Nachhaltigkeit: Das NKT-Werk in Köln wird seit 2019 wie alle NKT-Fabriken zu 100 Prozent mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen betrieben.
  • NKT Victoria: eigenes modernes Kabelverlegeschiff für Seekabel, 140 Meter lang, 9000 Tonnen Ladekapazität. Verlegt 525 Kilovolt-Gleichstromkabel in Wassertiefen bis zu 400 Metern. Mit einem Pflug wird das Höchstspannungskabel rund 3 Meter tief im Meeresboden versenkt.
  • NKT-Standort Troisdorf: Achtgrößte Verkaufs- und Serviceniederlassung von NKT weltweit; rund 4000 Quadratmeter Büro- und Hallenfläche; 90 Mitarbeitende – davon rund 50 Monteure, außerdem Ingenieure, Projekteure, Werkstattmitarbeiter- und Lageristen, Vertriebsmitarbeiter, Bürokräfte. Trainingscenter für Monteure;  Herstellung von Kabelgarnituren für den Weltmarkt; Prüfung und Management von Werkzeugen.
  • Vertriebsgebiet NKT-Troisdorf: Deutschland, Österreich, Schweiz, Niederlande, Belgien, Frankreich. Komponenten werden auf Anfrage auch in den mittleren Osten und andere Weltregionen geliefert.
  • Projekt SuedLink: NKT wird im Auftrag von TenneT und TransnetBW ein 525 kV VPE-Hochspannungs-Gleichstrom-Kabelsystem mit einer Trassenlänge von rund 750 Kilometern Länge für den deutschen Stromkorridor SuedLink liefern und installieren. Es geht darum, regenerative Energie aus Offshore-Windparks quer durch Deutschland in den Süden der Republik zu bringen. Das Projekt hat ein Volumen von mehr als einer Milliarde Euro. Fertigstellung: 2026. Der Höchstspannungsnetz-Betreiber Tennet TSO GmbH sitzt in Bayreuth. Der Übertragungsnetzbetreiber TransnetBW mit Sitz in Stuttgart ist eine Tochter des EnBW-Konzerns.
  • Projekt SuedOstLink: Ebenfalls 2020 erhielt NKT von 50Hertz den Auftrag für einen zweiten Stromkorridor. Länge: ca. 275 Kilometer. Fertigstellung: 2025. 50Hertz Transmission ist ein deutscher Übertragungsnetzbetreiber in Berlin.
  • Höchstspannungskabel: Diese Kabel haben Querschnitte bis 3000 Quadratmillimeter. Offshore wiegen sie bis zu 120 Kilogramm pro Meter. Es sind Energie-Pipelines, mit denen man Strom von Offshore-Windparks an Land und über Land transportiert kann. Sie werden mit Hochspannungsgleichstrom mit einer Spannung von 525 Kilovolt betrieben. Dadurch ist eine verlustarme Stromübertragung möglich. Fabriken dafür stehen in Schweden und im Chempark Köln bei Leverkusen. Weitere Kabel mit kleineren Querschnitten werden in Dänemark, Polen und Tschechien gefertigt.

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