pro Troisdorf-Interview mit Jennifer Hermanns, Geschäftsführende Gesellschafterin Pipe Protection

Donnerstag, 27. Oktober 2022 pro Troisdorf-Interview mit Jennifer Hermanns, Geschäftsführende Gesellschafterin Pipe Protection

pro Troisdorf-Interview mit Jennifer Hermanns, Geschäftsführende Gesellschafterin Pipe Protection

Die vor einem Jahr gegründete Pipe Protection beschäftigt aktuell sechs Mitarbeitende inklusive der Geschäftsführenden Gesellschafterin Jennifer Hermanns. Zwei Mitarbeitende im Team kamen aus der Arbeitslosigkeit. Das Unternehmen ist aktiv in der Kanalreinigung und Kanalinspektion im Raum Köln, Bonn, Troisdorf und dem Rhein-Sieg-Kreis.

Frau Hermanns, wie wirken sich die gestiegenen Energiepreise bei Ihnen aus?

Jennifer Hermanns: Die gestiegenen Energiepreise wirken sich in der Gas- und Stromrechnung bei uns kenntlich aus. Unsere Halle benötigt Strom und Gas, und unsere Fahrzeuge brauchen Treibstoff. Wir müssen, um autark arbeiten zu können, am Strom angeschlossen sein. Zudem müssen unsere Fahrzeuge betankt werden, um die Baustellen zu erreichen. Die Kosten haben sich vervierfacht. Die Kosten für Bauwasser sind bis dato nicht gestiegen. Allerdings ist das wohl nur eine Frage der Zeit.

Mit welchen Strategien begegnen Sie diesem Problem? Zum Beispiel neue Heizung, Energiesparmaßnahmen oder Preiserhöhungen?

Hermanns: Da wir erst seit einem Jahr auf dem Markt sind, haben wir nur geringe Rücklagen geschaffen. Deshalb können wir uns über Neuanschaffungen in den von Ihnen genannten Bereichen keine Gedanken machen. Wir können unsere erhöhten Kosten nur über Preiserhöhungen decken.

Wie beurteilen Sie die Entwicklung Ihres Unternehmens mit Blick auf Ende 2022/2023?

Hermanns: Es wird ein harter Kampf. Wir befinden uns in einer Spirale. Unsere Mitarbeiter benötigen mehr Geld, um ihre Kosten zu decken, und unsere Auftraggeber können Preiserhöhungen bei bestehenden Jahresverträgen (Städte, Kommunen etc.) nicht durchsetzen, da sie an die Verträge, die vor der Krise geschlossen worden sind, gebunden sind.

Im Gegensatz zu Gas-, Strom- und Energiekonzernen können wir nicht einfach Verträge kündigen oder Preiserhöhungen durchführen; wir müssen das so hinnehmen und im schlimmsten Fall Kosten reduzieren: Das geht nur, indem am Personal gespart wird – und das ist eigentlich der falsche Weg. Andere Kosten können wir nicht reduzieren. Fahrzeuge sind für unser tägliches Geschäft unabdingbar. Und der Diesel bringt uns zu den Einsatzorten.

Wenn Sie aktuelle Herausforderungen wie Fachkräftemangel, Lieferkettenprobleme, Energieversorgungsunsicherheiten bei steigenden Preisen vor Augen haben: Was rangiert für Sie an erster Stelle?

Hermanns: Den Mangel gibt es meines Erachtens nicht. Denn es gibt viele Branchen, die keine Fachkräfte suchen, sondern einfach nur motivierte und engagierte Mitarbeiter.

Viele Branchen benötigen keine ausgebildeten Fachkräfte – das gilt für unsere Branche – alles rund um den Kanal. Das gilt auch bei Gärtnern oder Arztpraxen, die Arbeitskräfte für die Rezeption suchen, oder Bäckereien. Hier können Quereinsteiger tätig werden – auch ohne Ausbildung und ohne Fachkraft zu sein.

Unsere Stellenanzeigen sind nicht erfolgreich: Es kommen keine Bewerbungen!

In dieser Lage müssen wir ehrlich sein: Wenn am Ende des Monats auf dem Konto weniger ist, als wenn nicht gearbeitet wird, wo soll da die Motivation herkommen, sich einen Job zu suchen?

Viele Arbeitgeber würden den Arbeitnehmern wohl gerne mehr zahlen. Nur, wo soll es herkommen? Die Lohnnebenkosten, die Krankenkassenbeiträge und etliche Zwangsgebühren fressen uns auf.

3000 Euro steuerfrei an den Arbeitnehmer zahlen, dass würden wohl viel gerne machen – aber woher nehmen? Das Problem wird nur verschoben – und die Unternehmen stehen als schwarzer Peter da.

Zu Lieferkettenproblemen: Ersatzteile für Fahrzeuge zu bekommen ist wohl schwer. Allerdings ist das größere Problem, dass kein Personal da ist, um Ersatzteile einzubauen. Die, die noch da sind, sind krank, weil sie rund um die Uhr arbeiten.

Wir haben uns zu abhängig gemacht von anderen Ländern. Nach einem Jahr Selbstständigkeit ist es für mich nicht mehr verwunderlich, warum Unternehmen ihren Hauptsitz ins Ausland verlegen.

Was sollte die Politik aus Ihrer Sicht tun, um Unternehmen in dieser Krise beim Überleben und beim Erhalt von Arbeitsplätzen zu helfen?

Hermanns: Sie sollte die Lohnnebenkosten sowie die Körperschaftssteuer und Gewerbesteuer senken. Sie sollte eine Preisbremse bei den Energiekosten einführen und Energiekonzerne nicht unterstützen. Die GEZ-Gebühr und andere Zwangsgebühren, die den Unternehmen auferlegt werden, sollte sie minimieren. Sie sollte das Geld in Deutschland belassen und wieder für eine Politik sorgen, die Arbeit in den Vordergrund stellt – und nicht eine „Wir-bleiben-zuhause-Politik“ betreiben.

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Interview: Christian Seigerschmidt, Carsten Seim

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