pro Troisdorf-Interview mit Andrea Vogt, Geschäftsführerin der Stadtwerke Troisdorf

Donnerstag, 27. Oktober 2022 pro Troisdorf-Interview mit Andrea Vogt, Geschäftsführerin der Stadtwerke Troisdorf

pro Troisdorf-Interview mit Andrea Vogt, Geschäftsführerin der Stadtwerke Troisdorf

Andrea Vogt ist seit gut neun Jahren Geschäftsführerin der Stadtwerke Troisdorf. Die Stadtwerke Troisdorf beschäftigen 223 Mitarbeitende (2001). Die Stadtwerke Troisdorf GmbH gehören zu 60 Prozent der städtischen TroiKomm GmbH (Kommunale Verwaltungs- und Beteiligungsgesellschaft der Stadt Troisdorf) und zu 40 Prozent der RheinEnergie AG.

Frau Vogt, wie wirken sich die gestiegenen Energiepreise bei Ihnen aus?

Andrea Vogt: Die Situation an den Beschaffungsmärkten ist derzeit äußerst dynamisch. Für Energieeinkäufer ist die aktuelle Situation unberechenbar, geradezu dramatisch. Gut beraten ist man daher, wenn man vorausschauend Energie beschafft. Die Stadtwerke Troisdorf setzen schon lange auf eine konservative Strategie, was heißt, dass sie im Termingeschäft langfristig Strom und Gas für ihre Kunden einkaufen – heute schon für das Jahr 2024.

Auf dem sogenannten Spotmarkt schwanken die Preise extrem, was zur Folge hat, dass dort kurzfristig beschaffte Energie für Haushaltskunden preislich unattraktiv ist; wir bieten sie daher gar nicht erst an. Unseren Energievertrieb an Privatkunden mussten wir deutschlandweit einstellen. Einzige Ausnahme bildet die Grund- und Ersatzversorgung in Troisdorf, die wir natürlich auch weiterhin gewährleisten.

Spontane Anfragen von Großkunden können wir im Einzelfall nur mit sehr kurzer Angebotsbindung von maximal einer halben Stunde umsetzen.

Mit welchen Strategien begegnen Sie diesem Problem?

Vogt: Nicht erst jetzt, in der Energiekrise, halten wir unsere Kundinnen und Kunden zum grundsätzlichen Energiesparen an, sondern propagieren das bereits seit vielen Jahren. Mit unterschiedlichen kindgerechten Angeboten machen wir schon in Kindergärten und Grundschulen, aber auch an weiterführenden Schulen regelmäßig auf die Themen Nachhaltigkeit und Energiesparen aufmerksam. Zudem veröffentlichen wie immer wieder Energiespartipps, berichten umfangreich in unserem Kundenmagazin inTro darüber und richten bewusst Veranstaltungen wie zuletzt den „Energietag 2022“ aus, um die Bürgerinnen und Bürger noch mehr zu sensibilisieren.

Wir selbst gehen mit gutem Beispiel voran und setzen unter anderem auf neue Technologien, um so viel Energie wie nur irgend möglich einzusparen: Austausch der konventionellen Beleuchtung durch LED, Konzept „Licht nach Bedarf“ (das heißt: Steuerung über Bewegungsmelder), Einsatz von Wärmepumpen, Installation von PV-Anlagen auf unseren Dächern, öffentlichen Gebäuden und bei Kundinnen und Kunden, … Hier ließen sich noch viele weitere Beispiele aufführen. Außerdem bieten wir unseren Kunden diverse Produkte in unserem Online-Shop an, mit denen sie beispielsweise selbst saubere Sonnenenergie generieren und speichern können. Für viele Kunden sind auch unsere Contracting- und Pacht-Angebote in Sachen moderne Heizungsanlage und PV attraktiv. Und natürlich bieten wir auf Wunsch auch eine persönliche Energieberatung an, mit der man ebenfalls den eigenen Verbrauch und damit auch die Energiekosten senken kann.

Trotz allem kommen wir in dieser außergewöhnlichen Situation – wie alle anderen Energieanbieter im Übrigen auch – um Preiserhöhungen nicht herum.

Wie beurteilen Sie die Entwicklung Ihres Unternehmens mit Blick auf Ende 2022/2023?

Vogt: Die Stadtwerke Troisdorf sind grundsätzlich solide aufgestellt. Wir haben die Krise bis dato gut gemeistert, da wir flexibel auf die Verwerfungen reagieren konnten.

Die aktuelle Situation ist für uns alle mit vielen Fragezeichen verbunden. Daher sind wir ganz besonders wachsam und bereiten uns derzeit auf alle Eventualitäten vor. Natürlich können auch wir nicht in die Zukunft schauen und vorhersagen, wie sich die künftigen Entwicklungen auf unsere finanzielle Situation auswirken. Unsere Kundinnen und Kunden können jedoch davon ausgehen, dass wir unser Bestes geben und alles dafür tun, dass wir die Krise gemeinsam bewältigen. Wir sind zuversichtlich, dass wir als Stadtwerke die Herausforderungen mit unseren Kundinnen und Kunden meistern werden. 

Da wir es mit einer Krise von nationaler Tragweite zu tun haben, zählen wir auch darauf, dass die Landes- und Bundesregierung bei Bedarf mit geeigneten Maßnahmen gegensteuert.

Wenn Sie aktuelle Herausforderungen wie Fachkräftemangel, Lieferkettenprobleme und Energieversorgungsunsicherheiten bei steigenden Preisen vor Augen haben: Was rangiert für Sie an erster Stelle?

Vogt: Das ist eine Frage, die man so gar nicht beantworten kann, da – wie bei einem Uhrwerk – nichts mehr (erfolgreich) laufen würde, wenn ein Rädchen stillsteht. Alle drei von Ihnen angesprochen Aspekte sind für den Unternehmenserfolg wichtig, und darüber hinaus kommen noch zahlreiche weitere Punkte dazu. 

Dem Fachkräftemangel begegnen wir mit unterschiedlichsten Maßnahmen zur Mitarbeitergewinnung und -bindung und setzen hierbei auf zielgerichtetes Employer-Branding (bspw. vielfältige fundierten Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen, Corporate Benefits wie Altersvorsorge und Leistungsprämien-System, betrieblicher Gesundheitsförderung und viele mehr). Da motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Schlüssel zum Erfolg sind, investieren wir in sie – vom Auszubildenden bis zur Führungskraft. Um uns überdurchschnittlich qualifiziertes Personal zu sichern, legen wir in puncto Ausbildungsqualität von Anfang an die Messlatte hoch. Das spiegelt sich auch in der Verleihung des Gütesiegels „Deutschlands beste Ausbildungsbetriebe“ wider, welches wir bereits zum vierten Mal in Folge von Focus Money und Deutschland Test verliehen bekommen haben. Mehr noch: In der Unternehmens-Kategorie „Stadtwerke“ schafften wir es sogar in die Top 3 und konnten uns mit unserem erfolgversprechenden Ausbildungskonzept den 3. Platz sichern.

Was die Lieferkettenprobleme betrifft, so spüren wir das wie alle anderen Unternehmen und Branchen auch. Wir sind froh, dass wir in vielen Bereichen auf eine über Jahre bewährte Zusammenarbeit mit verschiedenen Dienstleistern zurückblicken und sind überzeugt davon, dass sich diese Treue nun ein Stück weit auszahlt. 

Was die von Ihnen angesprochene „Energieversorgungsunsicherheiten bei steigenden Preisen“ betrifft, so möchten wir betonen, dass Versorgungssicherheit für uns an erster Stelle steht. Die Wurzeln der Stadtwerke Troisdorf reichen weit über 100 Jahre zurück, und in dieser Zeit haben wir schon so manche Krise erfolgreich gemeistert. Auch diese werden wir nun wieder mit vereinten Kräften schaffen, auch wenn es sicherlich an der ein oder anderen Stelle zu Einschränkungen kommen wird.

Was sollte die Politik aus Ihrer Sicht tun, um Unternehmen in dieser Krise beim Überleben und beim Erhalt von Arbeitsplätzen zu helfen?

Vogt: Zwischen „sollen“ und „können“ liegt ein großer Graben. Unsere Wunschliste ist sicherlich deutlich umfangreicher als es mögliche Angebote von politischer Seite geben kann.

Realistisch betrachtet würden wir uns freuen, wenn „die Politik“ mit etwas mehr Weitsicht agieren und Dinge – insbesondere vor wegweisenden Entscheidungen – ganzheitlich betrachten würde. Auch einen engeren Austausch mit den Verbänden würden wir uns wünschen, damit möglichst viele Perspektiven im Vorfeld diskutiert werden können. Das würde bereits den Weg für viele Lösungsansätze ebnen, die dann im Detail ausgearbeitet werden müssten.   

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Interview: Christian Seigerschmidt, Carsten Seim

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