Dienstag, 19. Februar 2019 Interview zum Unternehmerfrühstück am 20. Februar 2019 bei der MOTION TM Vertriebs GmbH

Stefan Lange: „Der Handel mit Hardware ist unser wichtigstes Umsatzstandbein.“

Die Motion TM Vertriebs GmbH in der Langbaurghstraße ist aus einem Start-up von Jura-Studenten hervorgegangen. Das Unternehmen beschäftigt sich hauptsächlich mit dem Handel von Smartphones, Tablets und den dazugehörigen Verträgen sowie Zubehör. Alle Produkte werden online und distributiv vermarktet. Zur Vorbereitung eines Unternehmerfrühstücks am 20. Februar 2019 sprachen Christian Seigerschmidt, Vorstandsvorsitzender von pro Troisdorf, und der Journalist Carsten Seim, avaris | konzept, mit MOTION TM-Geschäftsführer Stefan Lange. Es ging um seinen unternehmerischen Werdegang und die Strategie, mit der sich das Unternehmen im wachsenden Wettbewerbsdruck des Mobilfunkmarktes behauptet, um Fragen der Personalpolitik sowie der Kundenbeziehungen im Online-Zeitalter und um technische Trends in den kommenden Jahren.

Herr Lange, wie sind Sie ins Mobilfunk-Geschäft gekommen?

Im Jura-Studium habe ich meine jetzigen Geschäftspartner kennengelernt, und durch Promotion-Jobs für die Netzbetreiber sind wir 1999 das erste Mal mit der Branche in Berührung gekommen. Ich bin dann zur NTplus gegangen, einer großen Distribution in Osnabrück, während meine beiden Kollegen eine GbR mit einem Webdesigner gegründet haben. Als dieser Leerlauf hatte, wurde ein Shop für Handys erstellt. Aus Zufall sind wir dann mit sechs von 12 Produkten als preisgünstigster Onlineshop in der Presse genannt worden. So ist das Geschäft entstanden. 2003 erfolgte dann der Wechsel nach Köln – das Büro war in einer alten umgebauten Polizeiwache und auch gleichzeitig die Wohnung. 2015 dann der Sprung nach Troisdorf mit 15 Mitarbeitern, 2017 der erneute Umzug an die jetzige Adresse an der Langbaurghstraße. Heute zählt unser Team gut 80 Köpfe, viele unserer Mitarbeiter sind inzwischen in Troisdorf und naher Umgebung ansässig geworden.

Welche Qualifikationen findet man in Ihrer Mitarbeiterschaft?

Wir haben neben dem üblichen Vertrieb, Programmierer, Designer, Mediengestalter, Bürokaufleute, Buchhalter, Controller, aber auch Performance Manager oder SEO-Experten beschäftigt – insgesamt ist das eine sehr gemischte Mannschaft, und viele Mitarbeiter begleiten uns schon sehr lange. Dazu bilden wir viel aus, aktuell sind es zehn Azubis. Auch ein komplett neues Berufsbild haben wir im Ausbildungsportfolio: den E-Commerce Kaufmann. Das ist ein sehr neuer Ausbildungsberuf, welcher erst im vergangenen Jahr gestartet ist.

Warum haben Sie den Standort Troisdorf gewählt?

Wir haben damals kein geeignetes Grundstück in Köln gefunden. Troisdorf mit seiner Anbindung an Bahn und Autobahn war optimal. 2015 haben wir selber gebaut, während unser jetziges Gebäude nach unseren Wünschen von Herrn Pütz gebaut und an uns vermietet wird. Hier haben wir zurzeit 1200 Quadratmeter Büro und 1000 Quadratmeter Lager. Das Dachgeschoss unserer Zentrale haben wir zur Untermiete ausgeschrieben, noch einmal 600 Quadratmeter.

Mobilfunk ist ein hart umkämpfter Markt. Die Anbieter unterbieten sich mit immer neuen Billigtarifen. Wie kann man damit heute noch Geld verdienen?

Wir bewegen uns auf verschiedenen Standbeinen, eines davon ist B2C. Sie können bei uns Mobilfunkverträge mit subventionierten Endgeräten beziehen, davon wickeln wir im Monat Aufträge in vierstelliger Menge ab. Der Markt ist umkämpft, auf der anderen Seite ist er so komplex, dass sich nur wenige herantrauen. Neben komplexen Vertragsdetails mit Fußnoten und Tarifblättern seien in diesem Zusammenhang noch Postident, Betrugsbekämpfung und Ablehnungsquoten genannt, die eine Herausforderung in der Auftragsabwicklung darstellen.

Wie differenzieren Sie sich im Wettbewerb von den Discountern?

Wenn Sie ein modernes Smartphone in vollem Umfang nutzen wollen, brauchen Sie LTE und ein größeres Datenvolumen. Wir bieten diese Kombinationen schon vordefiniert sinnvoll an und haben somit für jeden etwas im Portfolio.

Info LTE

Long Term Evolution ist eine Bezeichnung für den Mobilfunkstandard der dritten Generation. Mit bis zu 1200 Megabit pro Sekunde sind je nach Empfangssituation deutlich höhere Downloadraten als bei älteren Standards möglich.

Können Sie uns auch etwas zu Ihrem B2B-Geschäft erzählen?

Entstanden aus dem Online-Geschäft und den Endkundenseiten haben wir 2009 auch eine Webseite für den stationären Handel geschaffen. Der stationäre Handel mit seiner Mehrmarken-Strategie stirbt langsam aus, die Händler müssen sich immer mehr auf einzelne Produkte fokussieren, da diese komplexer werden. Zudem steigt die Online-Konkurrenz. Zur Unterstützung des Handels haben wir ein neues Produkt entwickelt: das Digitalpaket. Wir sorgen bei allen teilnehmenden Händlern für eine Sichtbarkeit in über 50 Plattformen. Der Händler pflegt seine Daten zentral in einem Tool und erscheint so mit seinen Keywords online, angefangen bei gängigen Autonavigationssystemen über Facebook, Gelbe Seiten bis hin zu Google. Die Grenze zwischen online und offline verschwimmt immer mehr, die Zeit der Flyer ist unserer Meinung nach vorbei. Die Händler müssen sich immer mehr digital präsentieren. Der Endkunde möchte dann frei wählen können, ob er zum Händler ins Geschäft geht oder online bestellt. Hier wickeln wir die Aufträge über Whitelabel-Lösungen ab und prämieren den Händler auch, wenn der Kunde online bestellt. Der Händler zahlt für diese Lösung 99 Euro pro Monat und wir haben schon über 100 teilnehmende Händler. Wir tragen so dazu bei, dass der Händler auch online den Anschluss behält und trotzdem in den Innenstädten präsent bleibt.

Unser drittes Standbein ist die Distribution. Wir liefern Endgeräte in großen Stückzahlen an große Einzelhandelsketten oder andere Großabnehmer. Hier sind wir reiner Hardware-Lieferant. Dieses Geschäft läuft nach wie vor gut.

Um eine Dimension zu nennen: Wir haben 2018 mehr als 800 000 Endgeräte verkauft – und das mit 1000 Quadratmetern Lagerfläche. Unser Lagerbestand dreht sich im Jahr mehr als 40 Mal, der Jahresumsatz lag bei 340 Millionen Euro.

Ihr Schwerpunkt liegt Ihren Ausführungen nach auf Apple. Nun hat der Konzern ja gerade eine Gewinnwarnung herausgegeben ...

Hier stellt sich die Frage, in welchen Ländern der Absatz von Apple sinkt. Wenn China hustet, hat das Auswirkungen auf den globalen Absatz des Unternehmens, auch wenn die Lage in Deutschland eine andere sein kann.

Die Absatzprobleme wurden den Berichten zufolge durch die hohen Gerätepreise bis zu 1400 Euro begründet. Merken Sie das?

Der von Ihnen genannte Preis bezieht sich auf das iPhone Xs Max, das aktuelle Top-Modell von Apple. Die Vorgänger, iPhone X oder auch das iPhone 8, laufen immer noch sehr gut. Zudem sind die Geräte im Bundle mit Vertrag günstiger.

Wie bewegen sich die Anteile von B2B und B2C bei Ihnen nach Umsätzen?

B2B – der Handel mit Hardware ist das wichtigste Umsatz-Standbein, allein durch den Wert der Ware.

Der Geschäftsleitung Ihres Unternehmens gehören mehrere Personen an. Wie teilen Sie sich Ihre Aufgaben auf?

Die Aufgabenteilung ist historisch gewachsen. Wir sind zu dritt in der Geschäftsleitung: Bülent Karsli leitet den enorm wichtigen Bereich der Hardware, Ümit Akbulut leitet Finanzen, ist ein Stück weit Visionär, und bei mir sammelt sich der Rest der Abteilungen: Cardware Vertrieb, IT sowie Kundenservice.

Leasing von Smartphones – können wir noch einmal über dieses Thema sprechen, da es besonders interessant für Unternehmen ist?

Es betrifft hauptsächlich Apple-Geräte, die im Preis sehr wertstabil sind. Apple versucht für Altware ein Trade-In-Verfahren zu etablieren. Das dient dazu, neue Geräte zu verkaufen, aber auch dazu, noch ein Geschäft mit Altware zu machen. Immerhin sind noch zwei Drittel aller Apple-Geräte in Betrieb, sagt man. Die alten Geräte werden als Refurbished-Ware aufbereitet und wieder verkauft. Für die Unternehmer hat es mehrere positive Vorteile: Die Geräte sind günstiger, weil man den Rücknahmewert ins Angebot einkalkulieren kann, die Unternehmen müssen sich nicht um die Geräte kümmern, und Altware „verpufft“ nicht bei Mitarbeitern.

Überarbeiten Sie auch gebrauchte Geräte, die Sie wiederverkaufen?

Nein, in diesem Bereich gibt es Profis, die sich darum kümmern. Wir kaufen und verkaufen die Geräte nur. Allerdings richten wir sie auf Wunsch ein und löschen die Geräte auch, dafür gibt es sogar Zertifikate, damit alles DSGVO-konform abläuft.

Können Sie uns etwas über Ihren Kundenstamm erzählen?

Wir haben aktuell mehr als eine Million Datensätze im System. Wir haben eine Warenwirtschaft, über die alle Onlineshops verwaltet werden. Wir sind jüngst alles noch einmal nach DSGVO-Kriterien durchgegangen und kennen diese Zahl deshalb.

Wie verhalten Sie sich, wenn es zu Reklamationen kommt?

Wir bemühen uns immer um eine Einigung mit dem Kunden. In Zeiten öffentlicher Google-Rezensionen ist das schon alleine wichtig wegen der Online-Reputation. Es gibt natürlich auch Kunden, die das ausreizen wollen, weil sie genau wissen, wie groß die Macht dieser Bewertungsforen heute ist. Wir betreiben per E-Mail auch ein aktives Bewertungsmanagement, um positive Stimmen zufriedener Kunden zu sammeln. Eine negative Bewertung ist schließlich schneller geschrieben als eine positive.

Sie sind sehr schnell gewachsen. Was war für Sie dabei die größte Herausforderung?

Wir sind als Geschäftsführung mit den expandierenden Dimensionen unseres Unternehmens mitgewachsen. Die wohl größte Herausforderung dabei ist für mich die Personalführung. Hier erfahren wir gute Unterstützung durch unseren Anteilseigner mobilcom-debitel, der mit mehr als 4000 Mitarbeitern über entsprechende Erfahrungen verfügt und gute Schulungen anbietet. Auch unsere Personalverwaltung findet im Konzern-eigenen SAP-System statt.

Ein Thema, das viele in diesen Zeiten bewegt, ist die Datensicherheit. Viele kommunizieren über Smartphones. Welche würden Sie empfehlen?

Ich möchte das einmal mit den Kosten ausdrücken, die entstehen, um ein Smartphone zu hacken. Wir haben in einem Vortrag zum Darknet die Preise erfahren, zu denen ein Handy gehackt werden kann. Ein iPhone zu hacken, kostete nach Angaben des Computer-Experten aus dem Darknet damals 1,37 Millionen Euro. Der Preis bei Android-Handys liegt diesen Angaben nach bei 34 Cent, da es ein offener Softwarecode ist. Ich nutze beide Handy-Welten, wickle meine Bankgeschäfte aber seit dem Vortrag über mein iPhone ab. Weil ein Teil der iPhone-Software zwischenzeitlich enthüllt wurde, kann sich das aber alles schon wieder geändert haben. Zumindest kenne ich niemanden, dessen Smartphone gehackt wurde oder der einen Virus auf einem Apple-Telefon hatte.

Und WhatsApp, das derzeit in aller Munde ist? Wie stehen Sie zur Nutzung dieses Services auf dienstlichen Endgeräten?

Ich glaube zwar nicht, dass WhatsApp meine Daten mitlesen kann, weil die Kommunikation dort mit einer sogenannten Ende-zu-Ende-Verschlüsselung realisiert wird. Wir haben dennoch unsere interne Kommunikation auf Microsoft Teams umgestellt. Darüber hinaus ist es unsere Firmenpolitik, dass unsere Mitarbeiter Firmen-Handys beziehungsweise Firmen-Laptops bekommen, sodass eine Vermischung von „privat“ und „Geschäft“ möglichst ausgeschlossen wird.

Handy & Co. – welche Trends sehen Sie in den kommenden Jahren?

Eine Zeit lang wurde das Thema Virtual Reality ziemlich hochgespielt. Zurzeit scheint das nur noch für eine begrenzte Personenzahl relevant. Als Nächstes werden Handys mit faltbarem Display kommen. Auch die Smart-Uhren werden noch raffinierter werden. Wir werden einen Run darauf erleben, wenn die Uhren-Preise sinken und der Funktionsumfang steigt, wenn zum Beispiel virtuelle Zahlungsverfahren wie Apple Pay auch weitläufig über Uhren möglich sind. Man hat sie dann immer dabei und kann mit einem Fingerprint zahlen. Das wird den Bedarf steigen lassen.

Info Microsoft Teams

Microsoft Teams ist eine Plattform, die Chat, Besprechungen, Notizen und Anhänge kombiniert. Der Dienst ist in die Office 365-Office-Suite mit Microsoft Office und Skype integriert.

pro Troisdorf-Fact Sheet Motion TM

Geschäftsleitung: Stefan Lange (Geschäftsführer), Hendrik Wehmeyer (Administration), Ümit Akbulut (Business Development), Bülent Celik (Händlerbetreuung) Bülent Karsli (Hardware-Einkauf)

Geschäftsfeld: Zwischenhändler für Smartphones und online abgewickelte Mobilfunktarife verschiedener Netzanbieter (monatlich nach eigener Angabe vierstellig neue Verträge). Finanzierungen, Leasing von Handys und Tablets. Digitale Dienstleistungen für stationäre Mobilfunkhändler.

Jahresumsatz 2018: ca. 340 Millionen Euro.

Mitarbeiter: 85

Zentrale: in Troisdorf seit 2009

 

 

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