Mittwoch, 14. November 2018 Interview zum Unternehmerfrühstück am 14. November bei den Stadtwerken Troisdorf

Andrea Vogt: „Es ist ein großer Wert für eine Stadt, ein Stadtwerk vor Ort zu haben.“ 

Die Stadtwerke Troisdorf sind mit Troisdorf eng verbunden und gestalten die Stadt aktiv mit. Die kommunale Tochter versorgt 85 Prozent aller Haushalte in Troisdorf mit Strom und Gas. Ab 2019 wird zudem Glasfaserkabel verlegt. um die Region mit schnellstem Internet zu versorgen. 

Christian Seigerschmidt, Vorstandsvorsitzender des Unternehmer-Clubs pro Troisdorf, und der Journalist Carsten Seim, Redaktionsbüro avaris | konzept, sprachen mit Stadtwerke-Geschäftsführerin Andrea Vogt. Nach dem Ausscheiden von Peter Blatzheim, dem langjährigen Geschäftsführer des Unternehmens, wird Vogt Anfang 2019 die Geschäftsführung des kommunalen TroiKomm-Konzerns und der Stadtwerke übernehmen. Das Interview fand statt zur Vorbereitung eines Unternehmerfrühstücks am 14. November in der Stadtwerke-Zentrale. 

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Frau Vogt, sie sind seit 2013 Mitglied der Geschäftsführung der Stadtwerke und werden demnächst das Unternehmen führen. Was reizt Sie an der Aufgabe?

Der Kontakt zu den Menschen. Die Stadtwerke sind Ansprechpartner für die Bürger und Unternehmen in der Region und kennen deren Situation. Unser Handeln betrifft die Menschen vor Ort unmittelbar, und Lob und Anregungen unserer Kunden kommen direkt bei uns an. Das ist das Besondere an einem lokalen Unternehmen und unterscheidet uns von globalen Konzernen. 

Sie arbeiteten vor Ihrem Wechsel zu den Stadtwerken als Controllerin für Ernst & Young ...

Nach meinem Studium habe ich bei Ernst & Young in dem Bereich Wirtschaftsprüfung begonnen. Dabei war ich naturgemäß immer in der Retrospektive unterwegs und habe geprüft, ob die aufgestellten Jahresabschlüsse ordnungsgemäß sind. Das ist ein sehr spezialisiertes Blickfeld, und ich habe viel über Bilanzierungsrichtlinien und Prozesse gelernt, aber die Gestaltungsmöglichkeiten waren gering. Der Wechsel zu den Stadtwerken ermöglichte mir, Verantwortung für die verschiedensten Bereiche zu übernehmen und mit Blick auf die Zukunft zu handeln. 

Wie behaupten Sie sich in einem immer härter geführten Wettbewerb von Gas- und Stromversorgern? Sie haben es in einem liberalisierten Markt mit Online-Preisvergleichen, mit Wettbewerb mit großen Playern und Billiganbietern im Internet zu tun ...

Wir liefern mehr als Strom, Gas und Wasser. Vielmehr bieten wir dem Bürger ein Rundum-Sorglos-Paket an. Als Dienstleister beraten wir in Fragen der Energieeffizienz und unterstützen zum Beispiel bei der Auswahl technischer Geräte. Unser Ziel ist es, dass Bürger und Unternehmen bei allen Fragen rund um Energie wissen, dass wir der richtige Ansprechpartner sind. Dafür haben wir ein Team hoch spezialisierter Energiefachleute, die sich auch mit Förderprogrammen regenerativen Energien auskennen. Das ist viel mehr, als gelber oder blauer Discountstrom bietet. 

Stadtwerke nutzen dafür gern den Begriff „Daseinsvorsorge“.

Der Begriff „Daseinsvorsorge“ ist gut und richtig. Wir gehen aber weit darüber hinaus. Wir entwickeln für unsere Kunden maßgeschneiderte effiziente und wirtschaftliche Lösungen. Eine große Rolle spielt für uns auch die Umsetzung der Energiewende. So haben wir einen Solarpark in Oberlar aufgebaut, der im Durchschnitt 1000 Haushalte versorgen kann. Ferner sind wir mit anderen Stadtwerken gemeinsam an verschiedenen Windkraftanlagen beteiligt. Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag zum Gelingen der Energiewende vor Ort. Darüber hinaus fördern wir Elektromobilität durch den stetigen Ausbau von Ladeinfrastruktur und bieten in unseren Parkhäusern Elektrofahrzeuge zum Ausleihen an, die in Spitzenzeiten auch von unseren Mitarbeitern genutzt werden. Dafür haben wir den Fuhrpark mit konventionellen Fahrzeugen verkleinert. Unser Engagement hat auch bei unseren Kunden Interesse für Elektrofahrzeuge ausgelöst: Viele unserer Kunden nutzen unser Angebot und leihen sich Segways und Elektroroller aus unserem Fuhrpark aus. 

Stadtwerke sehen sich selbst als lokale Partner. Wie füllen Sie diesen Anspruch aus?

Wir verstehen uns als Bürgerstadtwerk und sehen uns als Teil der Stadtgesellschaft. Wir fördern Projekte in den verschiedensten Bereichen: in den Schulen, in Vereinen, unterstützen Kunst und Kultur. Hierzu beispielhaft zwei Aktivitäten: So haben wir vor kurzem eine Kooperationsvereinbarung mit dem Gymnasium Altenforst unterzeichnet. Diese Schule hat ein Leistungszentrum für die Bereiche Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (MINT-Fächer) eröffnet. Im Rahmen der Kooperation werden wir in diesen Fächern Projekte unterstützen. Damit wollen wir junge Leute auf die Stadtwerke Troisdorf aufmerksam machen und sie natürlich auch für naturwissenschaftlich-technische Berufe interessieren.

Generationenübergreifend ist auch unsere Förder.Ei-Aktion. Mit Fördereiern, die unsere Kunden bei zahlreichen Festen und Aktionen ziehen, können sie ein Projekt oder einen Verein ihrer Wahl unterstützen. Das kommt sehr gut an. Auch Projekte im Umweltschutz liegen uns am Herzen. Wir haben jüngst dem Bienenzüchterverein auf einem unserer Grundstücke eine neue Heimstatt gegeben, damit dort zehn Bienenvölker die umliegenden Felder und Streuobstwiesen bestäuben können. 

Was tun Sie sonst, um jüngere Neukunden zu gewinnen?

Nicht nur jüngere Leute sprechen wir über unsere Tro4me-App an. Auf dem Handy finden sie damit alles rund um die TroCard, mit der sie Rabatte im regionalen Handel erhalten können. Das ist eine tolle Sache für Kunden und Händler in der Region. Darüber hinaus informieren wir durch die App über Events, Shopping-Angebote, Parkplätze, Vereinsnews und verbreiten Wissenswertes aus Stadt und Stadtwerk. 

Ein weiteres Instrument, jüngere Leute zu erreichen, ist Social Media. Unsere jüngeren Mitarbeiter sind ausdrücklich aufgerufen, sich auf unserem lnstagram-Account zu tummeln und diesen Kanal zu nutzen.

Gerade jüngere Kunden möchten wir mit einem Energiesparbuch ansprechen, das wir derzeit konzipieren. Zu Geburtstagen, Weihnachten oder anderen Anlässen werden ihnen darauf Kilowattstunden gutgeschrieben. Und wenn sie dann ausziehen, um beispielsweise zu studieren, beziehen sie für eine gewisse Zeit den Strom der Stadtwerke Troisdorf frei Haus. Übrigens ist es egal, wo die Jugendlichen studieren. Wir liefern unseren Naturstrom bundesweit. 

Ein Instrument Ihrer Kundenbindung ist ja auch, dass Kunden eine neue Heizanlage inklusive Wartung mieten und sie diese dann mit Gas beliefern ...

Das ist unser Contracting-Produkt: Die Kunden bekommen ein Rundum-Sorglos-Paket. Es ist interessant für Menschen, die sich nicht um Wartung und Störungen der Heizungsanlage kümmern möchten. Das übernehmen die Stadtwerke. Es ist auch eine gute Option für junge Familien, die ein neues Einfamilienhaus bauen und nicht selber in eine neue Heizungsanlage investieren möchten. Wir bieten diesen Service auch in den angrenzenden Kommunen an. Aufbau und Service übernehmen Installateure aus der Region. Auch hier sind die Stadtwerke gute Partner. 

Was tun die Stadtwerke, um in Troisdorf den Breitbandausbau voranzubringen?

Wir brauchen in Troisdorf eine flächendeckende Versorgung mit Breitband, um auch zukünftig als Standort für Unternehmen und Wohnort für junge Menschen attraktiv zu sein. Daher hat der städtische TroiKomm-Konzern vom Stadtrat den Auftrag erhalten, die Versorgung mit schnellem Breitband voranzubringen. Das wiederum schafft Synergien für die Stadtwerke. Denn die Bürger schätzen es, wenn sie Wasser, Gas, Strom und Telekommunikationsprodukte aus einer Hand bekommen und nur einen Ansprechpartner haben. Daher werden wir im nächsten Jahr mit dem Ausbau von einzelnen Clustern beginnen. Langfristiges Ziel ist es, eine flächendeckende Versorgung in Troisdorf aufzubauen. 

Als Unternehmer-Club haben wir natürlich vor allem gewerbliche Nutzer im Blick. Welche Angebote haben Sie für diese Zielgruppe?

Die Industriepark Troisdorf GmbH, die Beratungstochter des kommunalen TroiKomm-Konzerns, entwickelt praktikable Konzepte, wie Unternehmen profitabel in die Energieeffizienz investieren können. Dabei müssen die Unternehmen nicht Kunden der Stadtwerke sein und auch nicht in unserem Einzugsgebiet liegen. Ein Beispiel: Unsere Spezialisten haben für die Gebrüder Ahle GmbH & Co KG aus Lindlar, Produzent von Federn für den Fahrzeug- und Maschinenbau, ein Konzept zur Nutzung der Abwärme aus der Produktion entwickelt. Die Abwärme wird nun für die Pulverbeschichtung genutzt, und das spart etwa 63 Prozent des bisherigen Bedarfs an Erdgas. Das Unternehmen erlöst dadurch rund 40 000 Euro im Jahr. Für dieses Konzept hat Ahle jüngst den Energieinnovationspreis.NRW 2018 erhalten. Ein weiteres Beispiel ist die Gilgen’s Bäckerei & Konditorei GmbH & Co. KG. Sie hat mit unserer Unterstützung ein betriebliches Energiemanagementsystem eingeführt. Unsere Spezialisten haben zehn Messsysteme mit je 18 Kanälen in der Produktion installiert. Mithilfe dieser Systeme ist der Energieverbrauch der Bäckerei deutlich gesenkt worden. 

Welches Zukunftsthema haben Sie sich vorgenommen, wenn Sie ab Januar die Stadtwerke führen?

Ein zentrales Thema ist die Digitalisierung unseres Unternehmens. Wir alle nutzen ganz selbstverständlich unsere Smartphones und die Dienstleistungen der Internetkonzerne. Und diese selbstverständliche Nutzung ändert auch die Anforderungen unserer Stadtwerke-Kunden. Und der Einbau intelligenter Messsysteme wird dazu führen, dass neue Geschäftsmodelle vor und hinter dem Zähler entwickelt werden durch die Verknüpfung von Energiewirtschaft und Informationstechnologie. Es geht darum, die gut aufgestellten Stadtwerke in die Zukunft zu führen. 

30 Jahre war Peter Blatzheim Geschäftsführer der Stadtwerke. Sie arbeiten seit 2013 mit ihm in der Geschäftsführung zusammen. Wie blicken Sie auf Ihren Amtsvorgänger als Sprecher der Geschäftsführung zurück?

Peter Blatzheim hat die Stadtwerke und den TroiKomm-Konzern zu dem gemacht, was sie heute sind. Als er begonnen hat, waren die Stadtwerke mit ihrer Gas- und Wasserversorgung noch ein Eigenbetrieb der Stadt. Die Umwandlung in eine GmbH, die Übernahme der Stromversorgung von der RWE sowie der Bau des Agguas sind nur einige Verdienste, die er im Sinne der Stadt vorangetrieben hat.

Darüber hinaus war er immer daran interessiert das Unternehmen zukunftsgerichtet aufzustellen. In vielen Bereichen war er Vorreiter in einem komplexer werdenden Markt der Energiewirtschaft. Er hat wichtige Zukunftsthemen wie Elektromobilität und regenerative Energien vorangetrieben. Persönlich kann ich sagen, dass mir die Jahrzehnte lange Zusammenarbeit viel Spaß gemacht hat. Langweilig war es nie! 

Sie sind eine weibliche Führungskraft. Sind Quotenregelungen, wie Sie nun auch die stellvertretende IG-Metall-Vorsitzende Christiane Benner und Ministerin Barley – in diesem Fall für den Öffentlichen Dienst – fordern, ein Weg?

Ich bin gegen Quoten, weil mir das ein zu simples Konzept ist. Unterstellt, dass sie kommen, werden Frauen stets dem Argwohn ausgesetzt sein, dass sie ihre Führungsposition nur deshalb haben, weil es eine Quote gibt. Man tut den Frauen damit keinen Gefallen. Außerdem wird der Fachkräftemangel sein Übriges tun: Wenn schlaue Köpfe gesucht werden, wird es keine Rolle mehr spielen, ob Frau oder Mann.

Interview: Christian Seigerschmidt. Carsten Seim

 

Fact Sheet Stadtwerke Troisdorf

Die Stadtwerke Troisdorf GmbH gehören zu 60 Prozent der städtischen TroiKomm GmbH (Kommunale Verwaltungs- und Beteiligungsgesellschaft der Stadt Troisdorf) und zu 40 Prozent der RheinEnergie AG. Zu den Stadtwerken Troisdorf zählt als 100-prozentige Tochter der Abwasserbetrieb Troisdorf (AöR). 

Zur TroiKomm GmbH der Stadt Troisdorf zählen folgende Unternehmen:

  • AGGUA Troisdorf GmbH (100 Prozent)
  • ÖPA-Verkehrsgesellschaft (Parkhäuser, 100 Prozent)
  • TroPark GmbH (Flächenentwickler, 100 Prozent)
  • Industriepark Troisdorf GmbH (lnfrastrukturdienstleister, 100 Prozent)
  • Troiline GmbH (100 Prozent)
  • Bioenergie Troisdorf GmbH (100 Prozent)
  • Wirtschaftsförderungsgesellschaft TROWISTA GmbH (24 Prozent)
  • Beteiligungsgesellschaft Bonn/Rhein-Sieg mbH (16,66 Prozent).

 

Stadtwerke Troisdorf –Eckdaten

Beschäftigte: Die Stadtwerke Troisdorf verfügen über ein 217-köpfiges Team (2017; 2016: 207).

Umsatzerlöse: 123,57 Millionen Euro (2017)

Absatz: 435,7 Mio. kWh Strom, 741,8 Mio. kWh Gas, 3,97 Mio. m3 Wasser 

Geschäftsführung

Die Volkswirtin Andrea Vogt ist seit 1. April 2013 an der Seite Peter Blatzheims Geschäftsführerin der TroiKomm und der Stadtwerke Troisdorf. Sie wird ab dem 1. Januar 2019 bis zum Dienstantritt von Michael Roelofs, am 1. April 2019, die alleinige Verantwortung für beide Unternehmen übernehmen. 1994 war sie von der Ernst & Young Wirtschafts- und Steuerberatungsgesellschaft mbH, wo sie als Prüfungsleiterin tätig war, als kaufmännische Abteilungsleiterin zu den Stadtwerken Troisdorf gewechselt. Seither ist sie in verschiedenen Führungspositionen bei der städtischen TroiKomm GmbH und ihren Beteiligungen tätig. 

Diplom-Kaufmann Peter Blatzheim wird auf eigenen Wunsch Ende 2018 als Sprecher der Geschäftsführung der TroiKomm sowie der Stadtwerke (seit 1998) und als Vorstand des Abwasserbetriebs (AöR, seit 2002) in den Ruhestand gehen. 30 Jahre führte er die Stadtwerke. Unter seiner Leitung entwickelte sich dieses Unternehmen zu einem innovativen Energie- und Wasserversorger und bei den regenerativen Energien zu einem Vorreiter in der Region. Im Troisdorfer Versorgungsgebiet setzte Peter Blatzheim wesentliche Impulse beim Thema Erneuerbare Energien.

 

Geschichte der Stadtwerke Troisdorf 

1904: Wasserwerk und Gasanstalt werden am 9. Februar 1904 offiziell in Betrieb genommen.

1914: Für die Produktion der Rheinisch-Westfälischen Sprengstoff AG im Ersten Weltkrieg wird das Troisdorfer Wasserwerk erweitert.

1945: Die im Zweiten Weltkrieg zerstörte Wasser- und Gasversorgung wird wieder Instand gesetzt.

1952: Troisdorf erhält Stadtrechte. Das Gas- und Wasserwerk heißt seitdem „Stadtwerke Troisdorf“.

1995: Die Stadtwerke übernehmen vom RWE-Konzern die Stromversorgung für Troisdorf.

2002: Die RWE übergibt ihre Anteile an den Stadtwerken an die GEW, die spätere Rhein Energie AG. Sie ist heute zu 40 Prozent an den Stadtwerken Troisdorf beteiligt.

2009: Der Solarpark Oberlar wird eröffnet. Er gehört zu den größten Photovoltaik-Kraftwerken in NRW. Grundstücksgröße: 77 600 m2 (12 Fußballfelder); Kohlendioxidersparnis pro Jahr: etwa 2200 Tonnen

2010: Stromtarife für Haushalts- und Kleingewerbekunden sind jetzt aus 100 Prozent Naturstrom.

2011: Die Stadtwerke Troisdorf schaffen ihr erstes Elektrofahrzeug an.

2013: Doppelspitze: Geschäftsführer Peter Blatzheim bekommt Unterstützung von Andrea Vogt.

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