Mittwoch, 09. Oktober 2019 Interview mit Wehrleiter Stefan Gandelau, Leiter der Freiwilligen Feuerwehr Troisdorf

Freiwillige Feuerwehr – vielfältiger Gegenwert für Unternehmen 

Rund um die Uhr ist die zentrale Feuer- und Rettungswache an der Larstraße 2 in Troisdorf-Sieglar (Amt für Feuerschutz und Rettungsdienst, Amt 37) besetzt. 75 hauptamtliche Feuerwehrleute sind hier in drei Wachabteilungen im 24-Stunden-Dienst eingesetzt. Unverzichtbare Unterstützung bei ihren Einsätzen erfahren sie durch rund 200 ehrenamtliche Freiwillige Feuerwehrleute, die in Troisdorf aktiv sind. Wehrleiter Stefan Gandelau, seit 29 Jahren in der Freiwilligen Feuerwehr Troisdorf engagiert und seit fünf Jahren Wehrleiter, sprach im Vorfeld eines Unternehmerfrühstücks am 10. Oktober mit dem pro Troisdorf-Vorstandsvorsitzenden Christian Seigerschmidt und Carsten Seim. Eins seiner zentralen Anliegen: Unternehmen, die Freiwillige Feuerwehrleute in ihren Teams zum Beispiel für Lehrgänge freistellen, erhalten einen hohen Gegenwert zurück.

Herr Gandelau, wie lange sind Sie bereits Angehöriger der Freiwilligen Feuerwehr Troisdorf? Und wie kamen Sie dazu?

Gandelau: Seit 29 Jahren. Ich bin in Köln in der Nähe der Hauptfeuerwache der Berufsfeuerwehr Köln aufgewachsen. Bereits als Junge war ich von den Feuerwehrfahrzeugen fasziniert. Als ich 1988 nach Troisdorf gezogen bin, trat ich kurze Zeit später in die Freiwillige Feuerwehr ein. Auch die Idee, anderen Menschen helfen zu können, hat mich beeindruckt. Köln ist übrigens meine Geburtsstadt. Wohler fühle ich mich in Troisdorf. 

Was spricht aus Ihrer Sicht dafür, dass junge Leute sich ehrenamtlich in der Feuerwehr engagieren?

Gandelau: Sie übernehmen damit Verantwortung für andere. Das ist besser, als allein vor der Playstation oder den Benutzeroberflächen sozialer Medien zu sitzen. Das fördert die charakterliche Entwicklung junger Menschen. Aus diesem Grund befürworte ich auch ein bundesweites soziales Jahr für männliche und weibliche junge Menschen. Ich bin sicher, dass viele von denen, die dadurch mit der Freiwilligen Feuerwehr in Berührung kommen, dabeibleiben, wenn sie die Kameradschaft bei uns erleben. Das würde auch unserer Gesellschaft nützen, weil junge Menschen dadurch die Erfahrung machen würden, für andere da zu sein. Das ist ein Kontrapunkt zur Ellenbogengesellschaft, in der jeder nur auf sich selbst schaut. Freiwillige Feuerwehr dient in unseren Ortsteilen auch der Nachbarschaftspflege. Alle Löschgruppen sind in den Ortsvereinen vernetzt. In Spich, wo ich wohne, sind wir im Ortsring vernetzt und unterstützen beispielsweise die Martinszüge oder Karnevalssitzungen. Das ist gelebte Dorfgemeinschaft. Frühzeitig bilden junge Menschen dadurch auch Netzwerke, die ihnen ein Leben lang nützen können. Viele, die über die Jugendfeuerwehr zu uns kamen, bleiben auch über die Ausbildung und das Studium hinaus bei uns. 

Wer ist der klassische Ehrenamtliche, den Sie gern gewinnen wollen?

Gandelau: Wir sind da sehr offen. Natürlich muss jemand bei der Freiwilligen Feuerwehr fit sein. Er oder sie muss zudem bereit sein, die Ausbildung zu absolvieren. Ansonsten ist es gleich, ob jemand Handwerker, Kaufmann oder IT-ler ist. Wir haben sehr gute Feuerwehrleute aus nicht-handwerklichen Berufen. So ist beispielsweise der Sieglarer Löschgruppenführer Tobias Diepenseifen IT-Fachmann. Gemischte Qualifikationen helfen uns bei unserer Arbeit. 

Welches Anliegen verbinden Sie mit dem Unternehmerfrühstück am 10. Oktober in der Feuerwache Sieglar?

Gandelau: Ich möchte in den Unternehmen dafür werben, Mitarbeiter für den Einsatz in der Freiwilligen Feuerwehr abzustellen. 

Und was haben die Unternehmen davon?

Gandelau: Der Gegenwert, den sie für ihr Unternehmen erhalten, ist vielfältig. Im Dienst der Freiwilligen Feuerwehr sammeln Mitarbeitende auch für Unternehmen wertvolle Team- und Führungserfahrung. Sie lernen verantwortungsbewusstes Handeln. Zudem sind sie darauf trainiert, bei Unfällen oder anderen unvorhergesehenen Ereignissen im Unternehmen besonnen und zielführend zu handeln. Ich habe das selbst im Urlaub erlebt. Schon einige Zeit hatte ich eine ältere Frau im Blick, der es erkennbar nicht gut ging. Plötzlich erlitt sie einen Kreislaufzusammenbruch. Bevor sie zu Boden fiel, hatte ich sie bereits aufgefangen und leistete erste Hilfe. Damit stehe ich nicht allein: Wer bei uns ehrenamtlich aktiv ist, reagiert in solchen Fällen intuitiv richtig. Alle unsere Freiwilligen Feuerwehrleute haben eine umfassende Ersthelfer-Ausbildung. Das nützt auch dem Unternehmen, in dem sie arbeiten. 

Was kann ich an Qualifikationen erwerben, wenn ich mich in der Freiwilligen Feuerwehr engagiere?

Gandelau: die bereits erwähnte regelmäßig aufgefrischte Ersthelfer-Ausbildung und alles, was technisch im Feuerwehrdienst anfällt. Das betrifft zum Beispiel den kompetenten Umgang mit den gesamten Spezialwerkzeugen sowie mit Gefahrgütern oder die Abwehr von Gewässerverunreinigungen. Sie können auch den LKW-Führerschein Klasse II erwerben. Sie haben zudem als Freiwilliger Feuerwehrmann sicher bessere Chancen als andere, wenn Sie sich um eine Stelle als Berufsfeuerwehrmann bewerben. Zudem können sie Ihre 18-monatige Grundausbildung abkürzen, da seit einigen Jahren die Erfahrungen aus der Freiwilligen-Ausbildung in gewissem Umfang angerechnet werden. 

Noch einmal zurück zu den Unternehmen – welche Vorteile haben die denn davon?

Gandelau: Ich möchte das an einem Beispiel erläutern: Jüngst kam es bei einer Spicher Firma, die mit Kunststoff-Granulaten arbeitet, zu einem Brand. Wir hatten einen Mitarbeiter im Löschtrupp, der sich bestens dort auskannte. Dadurch konnte der Schaden auf ein Minimum begrenzt werden, obwohl es anfangs schlimm ausgesehen hatte. Auch als Unternehmer hat man im Fall des Falles mit Feuerwehr-geschulten Mitarbeitern sofort ein besseres Lagebild und kann Schäden begrenzen. 

Unternehmen, die Mitarbeiter zum Beispiel für Lehrgänge bei uns freistellen, haben im Gegenzug klare Vorteile. Sie bekommen zum Beispiel einen unbezahlten Brandschutzexperten im Unternehmen. Darüber hinaus möchte ich darauf hinweisen, dass Sie über die Feuerwehr auch Unterstützung bei Brandschutzbegehungen in Ihrem Unternehmen erhalten können. Wir informieren Sie gern darüber, wie Sie leicht brennbare Stoffe und andere Gefahrgüter sicher lagern können. 

Sie erledigen von der Feuerwache Sieglar aus auch den Rettungsdienst für Troisdorf.

Gandelau: Richtig, alle Hauptamtlichen sind auch ausgebildete Rettungssanitäter. Sie wechseln sich ab im Rettungsdienst. Alle fahren sie je nach Dienstplaneinteilung Rettungswagen, Notarzteinsatzfahrzeuge und Löschfahrzeuge. Hauptamtliche Feuerwehrleute beherrschen das gesamte Spektrum einer Feuer- und Rettungswache. Die Freiwilligen Wehrleute sind in der Brandbekämpfung und technischer Hilfeleistung aktiv. 

Wie sieht es denn mit Ihrem Zulauf generell aus?

Gandelau: Wir könnten sicher mehr Bewerber gebrauchen. Wir werden unsere erforderliche Mannstärke in den nächsten Jahren halten können, weil wir Nachwuchs aus den Jugendfeuerwehren bekommen, die ab 10 Jahren zugänglich ist. Wir betreiben eine sehr intensive Jugendarbeit. Um es abschließend noch einmal deutlich zu machen: Die Freiwillige Feuerwehr Troisdorf kann ihre Einsatzfähigkeit nur mit diesen ehrenamtlichen Kräften aufrechterhalten. Sie haben ihre Professionalität bei den Brand-Großereignissen der jüngeren Vergangenheit unter Beweis gestellt. 

Welche waren das?

Im Stadtgebiet ereignete sich der jüngste Großbrand im gewerblichen Bereich im August 2016. Eine Halle eines Herstellers von Druckhilfsmitteln im Gewerbegebiet am Junkersring brannte komplett aus. Die Rauchsäule war weithin sichtbar. Die Polizei vermutete damals einen technischen Defekt, der am Ende einen Sachschaden von damals polizeilich geschätzten 2 Millionen Euro verursachte. Die Freiwillige Feuerwehr Troisdorf war mit hauptamtlichen und ehrenamtlichen Kräften massiv im Einsatz. Alle Troisdorfer Einsatzkräfte waren auch an den Löscharbeiten beim Großbrand an der ICE-Trasse im Jahr 2018 in Siegburg beteiligt. 

Fact Sheet Freiwillige Feuerwehr Troisdorf

Rund 200 Freiwillige Feuerwehrleute unterstützen die 75 hauptamtlichen Einsatzkräfte bei ihren Einsätzen. 

Sie teilen sich auf in vier Löschzüge.

  • Löschzug Nord: Löschgruppen Spich, Kriegsdorf
  • Löschzug Ost: Löschgruppen Troisdorf-Mitte, Oberlar, Altenrath
  • Löschzug Süd: Löschgruppen Bergheim, Müllekoven, Eschmar
  • Löschzug West: Löschgruppen Sieglar, Friedrich-Wilhelms-Hütte

Feuer- und Rettungswache Sieglar

  • 75 hauptamtliche Feuerwehrleute im 24-Stunden-Dienst
  • Fahrzeuge: zwei Notarztwagen (tagsüber an den  GFO-Kliniken Troisdorf und Sieglar, stationiert an den GFO-Kliniken
  • Drehleiter DLK 23-12, sie kann bis zu neugeschossige Bauten erreichen
  • TLF 4000 (Tanklöschfahrzeug mit 4000 Liter Wasser an Bord, zulässige Gesamtmasse: 18000 Kilogramm)
  • HLF (Hilfeleistungslöschgruppenfahrzeug mit Ausrüstung für die Technische Hilfeleistung)
  • ELW 1 (Einsatzleitwagen)
  • ELW 2
  • WLF (Wechsellader-Fahrzeug für Wechselcontainer)

Wehrleiter

Stefan Gandelau (51)

  • Verheiratet mit Ehefrau Anja und wohnhaft in Troisdorf-Spich
  • Seit 29 Jahren ehrenamtlich in der Freiwilligen Feuerwehr Troisdorf aktiv
  • Seit fünf Jahren Leiter der Freiwilligen Feuerwehr Troisdorf
  • Stellvertretender Kreisbrandmeister
  • Beruf: Sicherheitsingenieur bei Ford in Köln

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