Donnerstag, 13. Februar 2020 Interview mit Hans Dahl (70) Präsident des Festausschusses Troisdorfer Karneval e. V., FTK.

Vernetzung mit der Wirtschaft ist sehr wichtig für den Karneval!

Seit elf Jahren ist Hans Dahl (70) Präsident des Festausschusses Troisdorfer Karneval e. V., FTK. Diese Dachorganisation der Karnevalsvereine in Troisdorf feiert in diesem Jahr 50. Jubiläum. Der FTK formierte sich 1970 nach der kommunalen Neuordnung. Aus Anlass eines Bauernfrühstücks beim FTK am 13. Februar sprachen pro Troisdorf-Vorstandsvorsitzender Christian Seigerschmidt und Carsten Seim (Werbeagentur avaris | konzept) mit Hans Dahl über seine Leidenschaft für den Karneval und seine ehrenamtliche Arbeit. Thema waren auch Unternehmen, die sich für den Karneval engagieren. Warum „Bauernfrühstück“? Weil mit Heinz Nagel in der Session 2020 auch ein prominenter Troisdorfer Familienunternehmer und Vorstandsmitglied des Unternehmer-Clubs pro Troisdorf, eine Rolle spielt: Er ist Bauer im Dreigestirn der KG Troisdorfer Altstädter 1960 e. V. und Ehrensenator dieser vor sechs Jahrzehnten gegründeten Gesellschaft. 

Herr Dahl, was bedeutet Ihnen persönlich der Karneval?

Dahl: Der Karneval ist für mich die Verkörperung unseres Brauchtums. Ich hänge sehr an der Geschichte des Fasteleers. Deshalb habe ich 2010 auch das Karnevalsmuseum in Troisdorf gegründet.

Seit wann sind Sie aktiv?

Dahl: 1967 mit 18 bin ich beim TFC Treuer Husar 1950 e. V. eingetreten. Als Fahnenträger bin ich gestartet. 1972 hat man mich zum Kommandanten und 1. Vorsitzenden gewählt. Das bin ich bis 2002 – also 30 Jahre lang – geblieben.

In den wilden 60er-Jahren kehrten sich viele ab von den alten Traditionen. Mit Ihrer Leidenschaft für den Karneval lagen Sie damals nicht im Trend, oder?

Dahl: Das ist richtig. Mein ursprünglicher Beweggrund, in dieses Korps einzutreten, war ein nettes Tanzmariechen (lacht). 1972 bin ich auch Tanzoffizier geworden. Mein erster Auftritt 1967 fand im Saal Quadt in Oberlar statt. Karnevalsveranstaltungen fanden in Troisdorf im Canisiushaus statt.

Wie sehen Sie den real existierenden Karneval heute?

Dahl: Ein wenig traurig bin ich, dass Karneval sich heute stark zu einer reinen Party-Veranstaltung entwickelt. Ich liebe den urtümlichen Karneval mit seinen Reden und Couplets. Es gibt heute immer noch einige gute Redner. Aber die Bereitschaft, ihnen zuzuhören, schwindet. Auch Traditionskorps sind mein Karneval. Die kölsche Eigenart, die von Interpreten wie dem „Klimpermännchen“ verkörpert wird, liegt mir am Herzen. Ich liebe unsere rheinische Mundart und habe langjährig auch eine Gesangstruppe gehabt, in der wir kölsche Lieder gesungen haben. Früher wurde auf Sitzungen mehr zugehört, und wenn dann gegen 23 Uhr das Eschweiler Fanfarenkorps kam, standen alle auf den Stühlen! Das fehlt mir heute oft. Es geht vielfach nur noch um den Rubel.

Der Karneval ist ein Wirtschaftsfaktor, so eine der Studie der Strategieberatung Boston Consulting Group und der Rheinischen Fachhochschule Köln ...

Dahl: Das stimmt. Auch vor Jahren gab es bereits Studien, die das belegen. Und es existiert beispielsweise unter der Überschrift „Troisdorf steht Kopp“ auch bei uns ein sehr erfolgreiches Format. Das ist den Betreibern natürlich unbenommen – und ich freue mich für Sie, dass sie einen solchen Zuspruch finden. Als Festausschuss fahren wir beispielsweise mit unserer Prinzenproklamation stets rote Zahlen ein, weil wir keine kostendeckenden Eintrittsgelder nehmen können. Was aber unsere Kosten angeht, werden wir genauso behandelt, wie kommerzielle Anbieter. Der Grundpreis für die Stadthalle ist etwas ermäßigt. Aber für das Equipment rundherum zahlen wir genauso viel, wie alle anderen auch. Trotzdem macht mir Karneval immer noch Spaß! Ich bin zudem einfaches Mitglied der Troisdorfer Burgstürmer.

Seit wann sind Sie FTK-Präsident?

Dahl: Seit genau elf Jahren. Ich habe damit neben dem 50-jährigen FTK-Geburtstag auch noch ein jeckes Jubiläum zu feiern. Da hat mir mein Unfall bei der Prinzenproklamation am 4. Januar einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Was ist passiert?

Dahl: Ich bin vor der Proklamation gestürzt und habe mir einen Oberschenkelhalsbruch zugezogen.

50 Jahre alt wird der Festausschuss Troisdorfer Karneval – und wie ist er entstanden?

Dahl: Der FTK organisiert die Prinzenproklamation, den großen Troisdorfer Karnevalszug am Sonntag, die stets ausverkaufte Seniorensitzung mit mehr als 700 Teilnehmern, die Mundartmesse in St. Hippolytus, gemeinsam mit der Stadt die Rathauserstürmung. Wir betreiben Jugendarbeit und stellen Räume dafür zur Verfügung, wir unterhalten das Karnevalsmuseum und zahlen Miete an die GFO. Wir nehmen in dem Museum keinen Eintritt. Wir unterhalten auf unserem Gelände zwei Wagenhallen für insgesamt elf Wagen. Diese sind durch Bewegungsmelder und Kameras gesichert. Wir unterhalten ein Büro mit vier Arbeitsplätzen. Es gibt einen FTK-Server, auf den alle Vorstandsmitglieder zugreifen können. Unsere Schatzmeisterin ist Bilanzbuchhalterin. Alle bei uns arbeiten ehrenamtlich.

Der FTK umfasst 29 angeschlossene Vereine aus allen Stadtteilen außer Sieglar mit insgesamt 4000 Mitgliedern. 20 Personen arbeiten aktiv im FTK mit. Unser Vorstand zählt acht Personen.

Karneval kostet Geld. Was tut der FTK hier?

Dahl: Wir werben Spenden ein. Das ist in den vergangenen Jahren schwerer geworden. Zudem haben wir Senatoren, die ich 2013 bei einem Unternehmerfrühstück angesprochen habe. Diese Senatoren haben Mitspracherecht. Ihr Senatssprecher, Holger Steffens, vertritt sie bei uns im Vorstand. Diese Leute stehen im Wirtschaftsleben und unterstützen unsere Arbeit. Sie helfen uns auch bei der Buchführung. Diese Vernetzung mit der Wirtschaft ist sehr wichtig für den Karneval! Was mir auch wichtig ist: Viele Menschen glauben, dass die Stadt die Kamelle, die am Rosensonntag in Troisdorf geworfen werden, bezahlt. Mir ist wichtig, deutlich zu machen, dass alles aus privater Initiative und privaten Mitteln bezahlt wird. Das erkläre ich auch stets in meinen Vorträgen.

Gibt es Unternehmen, die Sie besonders hervorheben möchten?

Dahl: Besonders engagiert sind Kreissparkasse Köln und VR Bank, K+S und die Firma Müller, die uns mit Fahrzeugen unterstützt. Auch die Werbeagentur Camedien hilft uns sehr. Sie leisten die kreative Arbeit für unsere Narrenschau. Die Firma Kitz unterstützte unser Museum mit Vitrinen. Reifenhäuser hat uns zeitweise sehr stark geholfen. Die Stadtwerke Troisdorf und Tiefbau Meisner sind ebenfalls sehr engagiert. Walter Meisner war Senator des FTK.

Vernetzung mit der Wirtschaft findet über den neuen Bauern Heinz Nagel im Dreigestirn der Altstädter ja auch in dieser Session statt. Heinz Nagel ist als Chef des Nagel-Teams ja auch Vorstandsmitglied von pro Troisdorf ...

Dahl: Ganz sicher. Zudem: Heinz Nagel ist menschlich auch sehr einnehmend und sympathisch, wie alle drei im Dreigestirn. Prinz Thorsten (Sterzel) möchte ich als Freund bezeichnen. Sympathisch ist auch Jungfrau Petra (Peter Vetter). Auch Paul Dobelke, Prinz in der letzten Session, verbindet mich vieles. Er ist übrigens ja auch Unternehmer.

Leo Pöppel war erster Präsident des FTK. Können Sie uns etwas über ihr erzählen?

Dahl: Er war Leiter des Bauordnungsamtes in Troisdorf, eine graue Eminenz. Er hat uns mit seiner Vernetzung und seinem Organisationstalent sehr geholfen. Meine damalige Haar-Matte hat ihm übrigens nicht gefallen.

Haben Sie mal mit Ihrem ehrenamtlichen Engagement gehadert?

Dahl: In meiner Anfangszeit beim Korps Treuer Husar war das der Fall. Damals schauten alle Sitzungspräsidenten nur nach Köln, und immer weniger Veranstalter wollten uns engagieren.

Die Oberlarer Sandhasen glänzen als Tanzkorps mittlerweile ja auch in Köln ...

Dahl: Die Bergheimer Höppebeenche unter Leitung von Kerstin Grossmann bieten auch eine Superleistung! Ich sorge bei unseren Veranstaltungen immer für Abwechslung, damit jeder zum Zuge kommt und die Zuschauer auch unterschiedliche Gruppen sehen können.

Gab es Highlights, an die Sie sich gern erinnern?

Dahl: Mit meinem früheren Korps „Treuer Husar“ hatten wir Fernsehauftritte im WDR und dem ZDF. Beim FTK habe ich es als Bestätigung meiner Arbeit gesehen, dass der Landschaftsverband Rheinland unser Karnevalsmuseum in die Liste der rheinischen Museen aufgenommen hat. Wir stellen dort Relikte aus der Zeit vor 1900 und aus den 1920er-Jahren-aus. Als Bestätigung meiner Arbeit sehe ich auch die Tatsache, dass die Zuschauerzahl bei der Proklamation von 150 bis 170 vor meinem Amtsantritt als FTK-Präsident deutlich gestiegen ist. Sie ist nun ausverkauft. Das gilt auch für die Seniorensitzung. Wichtig ist mir, dass dies auch auf Teamarbeit im FTK zurückzuführen ist. Deshalb habe ich nach elf Jahren Präsidentschaft immer noch Spaß an meiner Arbeit.

Welche Vorteile habe ich als Verein durch eine FTK-Mitgliedschaft?

Dahl: Die Zugteilnahme ist günstiger, weil wir einen Großteil der Versicherungskosten übernehmen. Dazu kommt, dass wir Räumlichkeiten zum Beispiel für Vorstandssitzungen kostenlos zur Verfügung stellen. Wir helfen auch, durch gemeinsamen Leistungseinkauf günstigere Preise bei Sicherheitsdiensten zu erwirtschaften. Auch beim Wurfmaterial haben wir günstige Lieferanten mit Sonderkonditionen an der Hand. Ich sehe den Festausschuss als Dienstleister für die Vereine und das Brauchtum. Jeder soll in seinem eigenen Ortsteil den Karneval nach seiner Fasson feiern. Wir wollen all das als gemeinsame Stimme nach außen tragen und Lobby des Brauchtums sein.

Was kann Karneval denn für die Gesellschaft leisten?

Dahl: Er kann die Traditionen und die Sprache weitertragen. Die Norddeutschen, Schwaben und Bayern sind stolz auf ihre Mundart. Im Rheinland ist da noch Luft nach oben. Karneval kann auch Zugezogene ins Rheinland integrieren. Ich denke über eine Veranstaltung nach, um Menschen mit Migrationshintergrund, die sich den Sitzungseintritt von 30 bis 50 Euro nicht leisten können, an den Karneval heranzuführen. Gerade auch gegenüber muslimischen Neubürgern ist mir wichtig, deutlich zu machen, dass Karneval nicht per se ein Fest des Alkohols ist. Ich trinke beispielsweise keinen Tropfen. Wenn wir im ehrenamtlichen Dienst sind, wird vielleicht einmal ein Bierchen getrunken – mehr nicht!

Thema Nachwuchs: Beispielsweise in Sieglar entdecken viele junge Leute das Brauchtum neu. Wie ist Ihr Eindruck?

Dahl: Es gibt mittlerweile viele junge Leute, die die Traditionen des Karnevals wiederentdecken. Ein Beispiel dafür sind die „Statse Junge“ in Kriegsdorf. Das sind keine Party-People. Sie leben die Tradition, machen zum Beispiel eine Fahnenweihe. Sie pflegen einen gutgelaunten Austausch unter sich und mit anderen Vereinen – zum Beispiel beim Sommerfest des FTK. Auch die Sandhasen Oberlar haben das mit ihrer fidelen Jugend hinbekommen. Auch unsere Pressereferentin ist bei der fidelen Jugend. Als ich angefangen habe, war Karneval ein Vergnügen für ältere Männer. Das könnte sich ändern und in ein Generationen übergreifendes Vergnügen münden.

Interview: Christian Seigerschmidt und Carsten Seim

FTK-Präsident Hans Dahl: zur Person

Geboren im März 1949 in Troisdorf-Mitte, dort heute wohnhaft

Beruf: Gelernter Drogist und Pharma-Kaufmann. Letzte berufliche Station vor dem Ruhestand: National Key Account Manager bei einem Hersteller von Kopier- und Druckersystemen

Karnevalistischer Lebenslauf

  • 1967: Fahnenträger beim TFC Treuer Husar 1950 e. V.
  • 1970-1973: Tanzoffizier TFC Treuer Husar 1950 e. V.
  • 1972-2002: Kommandant und Vorsitzender TFC Treuer Husar 1950 e. V., Mitglied im FTK
  • 80er-Jahre: Gründung der Troisdorfer Showband innerhalb des TFC Treuer Husar 1950 e. V.
  • 1980: Mitgründer der KG Treuer Husar
  • 1983-2016: Moderator, Organisator von Festen im Alfred-Delp-Altenzentrum
  • 90er-Jahre: Gründung der Showgruppe De Windbüggele innerhalb TFC Treuer Husar 1950 e. V.
  • 1983-2016: Musik auf Veranstaltungen im Alfred-Delp-Altenzentrum
  • 2002-2012: Initiator und Leiter der Band Remise
  • 2012-heute: Initiator und Leiter der Band SunDay
  • 2009-heute: Präsident des FTK
  • 2010-heute: Literat und Moderator Seniorensitzung der Stadt Troisdorf
  • 2010: Gründer „Das Karnevalsmuseum“ Troisdorf
  • 2018: Ausbau des Hauses des Troisdorfer Karnevals

Karneval als Wirtschaftsfaktor

Eine Studie der Strategieberatung Boston Consulting Group und der Rheinischen Fachhochschule Köln hat ermittelt: Die Wirtschaftskraft des Kölner Karnevals ist in den vergangenen zehn Jahren um 30 Prozent auf rund 600 Millionen Euro gestiegen. Das entspreche der Jahreswirtschaftsleistung einer Stadt mit 15 000 Einwohnern. Der Karneval erhält laut Expertise für das Festkomitee Kölner Karneval in der Domstadt 6500 Arbeitsplätze.

Das neue Troisdorfer Dreigestirn

Prinz: Torsten I. (Sterzel, Präsident und 1. Vorsitzender der KG Troisdorfer Altstädter), Jungfrau Petra (Peter Vetter), Bauer Heinz (Nagel). Alle gehören sie zur KG Troisdorfer Altstädter 1960 e. V., die in diesem Jahr ihr 60-jähriges Jubiläum feiert. Die Proklamation fand am 4. Januar in der Stadthalle Troisdorf statt.

FTK

Der FTK

„All unge eenem Daach – wer hätt dat vür fuffzig Johr jedaach!" lautet das Motto des aktuellen Sessionsordens des FTK. Bereits 1960 hatte sich ein Karnevalskomitee der Stadt Troisdorf formiert. Nach der kommunalen Neuordnung 1969 ging 1970 die KG Troisdorfer Altstädter e. V. aus dem Karnevalskomitee hervor. Das Komitee übergab seine Aufgaben an den vorwiegend aus karnevalstreibenden Vereinen der Altstadt gebildeten FTK. Erster Vorsitzender war Leo Pöppel.

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