Donnerstag, 04. Juni 2020 Home-Office: Rechtliches rund ums Home-Office

Millionen Menschen arbeiten derzeit zeitweise oder flächendeckend im Home-Office. Doch das wirft auch rechtliche Fragen auf. Ist Home-Office beispielsweise verpflichtend? Der Rechtsanwalt Stephan Stiletto beantwortet Fragen, die für Unternehmen und Arbeitnehmer zurzeit wichtig sind.

Home-Office: Rechtliches rund um die Arbeit von zuhause aus

Millionen Menschen arbeiten derzeit zeitweise oder flächendeckend im Home-Office. Nach einer aktuellen Studie des Bayerischen Instituts für Digitale Transformation sind es derzeit mehr als 40 Prozent aller Internetnutzer in Deutschland. Doch das wirft auch rechtliche Fragen auf. Wie steht es um Arbeitszeiten und Unfallversicherung? Ist Home-Office freiwillig oder verpflichtend? Was ist darüber hinaus zu beachten? Dazu der Jurist Stephan Stiletto (Köln).

Viele Arbeitnehmer sorgen sich wegen der Corona-Krise um ihre Gesundheit und würden lieber zuhause arbeiten. Haben sie arbeitsrechtlich einen Anspruch auf Home-Office?

Rechtsanwalt Stephan Stiletto: Nein. Grundsätzlich bestimmen Arbeitgeber, wo der Angestellte seine Tätigkeit ausübt. Zudem muss die jeweilige Tätigkeit auch für das Home-Office geeignet sein. Das ist beispielsweise für einen Werker in einer Montagelinie in der Regel nicht gegeben. Die Praxis zeigt aber, dass es für viele Bürotätigkeiten möglich ist.

Was ist, wenn ein Arbeitnehmer sich mit dem Corona-Virus infiziert hat?

Stiletto: Er darf dann gar nicht arbeiten, ob daheim oder im Büro.

Kann ein Arbeitgeber in der Corona-Krise Home-Office anordnen, auch wenn ich das als Arbeitnehmer gar nicht will?

Stiletto: Wenn dies im Arbeitsvertrag nicht ausdrücklich festgeschrieben ist, hat er dazu keine Möglichkeit, ohne dass der Arbeitnehmer damit einverstanden ist. Deshalb ist anzuraten, eine solche Passage zusätzlich in Arbeitsverträge aufzunehmen. Viele Arbeitsverträge enthalten aber den Passus, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen, zumutbaren Arbeitsplatz zuweisen kann. Hierunter wird in der Regel die Anweisung des Arbeitgebers zu fassen sein, übergangsweise aus dem Home-Office zu arbeiten.

Wenn ein Arbeitnehmer regelmäßig an festen Tagen im Home-Office arbeitet, sollten Arbeitgeber unter Hinzuziehung eines Arbeitsrechtlers konkrete Regelungen dafür vereinbaren. Wenn Home-Office arbeitsvertraglich vereinbart ist, ist eine Weigerung des Arbeitnehmers, zuhause zu arbeiten, übrigens ein Abmahnungs- oder Kündigungsgrund.

Was empfehlen Sie Unternehmen, die Mitarbeiter im Home-Office beschäftigen, mit Blick auf die dann möglicherweise für betriebliche Belange genutzte private IT-Infrastruktur?

Stiletto: In jedem Fall sollte für die Arbeit im Home-Office eine Datenschutzvereinbarung abgeschlossen werden. Idealerweise richtet das Unternehmen dem Beschäftigten einen Telearbeitsplatz ein, der nur dienstlich genutzt und per Fernwartung zentral administriert wird. Aber auch einfachere Lösungen sind denkbar.

Wer haftet zum Beispiel, wenn durch Datenlecks in privaten IT-Infrastrukturen im Home-Office Schäden entstehen? Das Unternehmen oder der Mitarbeiter? Wie können sich Unternehmen hier rechtlich absichern?

Stiletto: Sofern der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Arbeitet im Homeoffice erlaubt oder gar anordnet, haftet grundsätzlich der Arbeitgeber bei solchen Zwischenfällen. Absichern kann er sich nur, indem er eine sichere IT-Struktur schafft und den Arbeitnehmer entsprechend einweist, um auch Fehlbedienungen zu vermeiden. Eine Haftung des Arbeitnehmers kommt  da infrage, wo dieser sich fahrlässig oder vorsätzlich falsch verhält und so den Schaden verursacht. Zum Beispiel, wenn er bei verbotener privater Nutzung der Firmen-IT Schadsoftware einschleppt.

Die Bedingungen im Arbeitsumfeld von Beschäftigten sind durch viele Vorschriften und Gesetze geregelt. Gelten die auch für das Home-Office eines Mitarbeiters?

Stiletto: Im Prinzip gelten auch im Home-Office die Regelungen des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG), des Arbeitszeitgesetzes und der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV). So müssen beispielsweise Stühle und Tische von der Ergonomie und Höhe her den Gesetzes-Normen entsprechen. Wer als Arbeitgeber sichergehen will, sollte sich den Heimarbeitsplatz eines Beschäftigten ansehen und erforderlichenfalls entsprechend ausstatten. Ein eigenes Zimmer ist übrigens nicht zwingend erforderlich, jedoch vor allem bei Tätigkeiten mit hoher Vertraulichkeit empfehlenswert. In jedem Fall sollte der Arbeitgeber schriftlich festhalten, wenn der Arbeitnehmer die Ordnungsgemäßheit des Heimarbeitsplatzes bestätigt.

Wer kommt für die Kosten eines Heimarbeitsplatzes auf?

Stiletto: Wenn das Home-Office arbeitsvertraglich vereinbart ist, muss der Arbeitgeber für die Kosten der Einrichtung aufkommen. Diese ist dann zwischen den Beteiligten abzustimmen.

Welche Pflichten hat der Arbeitnehmer im Home-Office?

Stiletto: Die Pflichten des Arbeitnehmer bleiben im Wesentlichen unverändert. Unternehmen müssen sicherstellen, dass vertrauliche Geschäftsinformationen vor dem Zugriff Dritter geschützt sind. Das bedeutet beispielsweise, dass sensible Dokumente nicht offen herumliegen und der Bildschirm des dienstlich genutzten Computers immer gesperrt ist, wenn man nicht am Schreibtisch ist. Zudem empfiehlt es sich, verbindliche Regeln zur Strukturierung des Home-Office-Tages zu vereinbaren – zum Beispiel Präsenzzeiten, Pausen, Erreichbarkeit und das Arbeitsende. Dies ist auch vor dem Hintergrund des Arbeitszeitgesetzes wichtig.

Sind Arbeitnehmer im Home-Office unfallversichert?

Stiletto: Die gesetzliche Unfallversicherung greift auch bei einem Arbeitsunfall zuhause. Wer beispielsweise auf der Kellertreppe stolpert, weil er die Internetverbindung für seinen dienstlich genutzten Rechner prüfen wollte, ist gesetzlich unfallversichert. Anders ist dies bei einer privaten Verrichtung wie zum Beispiel beim Holen eines Kaffees. Die Abgrenzung wird im Fall des Falles nicht immer einfach sein.

Interview: Carsten Seim

Stiletto Wilhelm & Kollegen – RAe in Bürogemeinschaft

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