Interview mit Thomas und Ann-Kathrin Heinzen, Geschäftsführende Gesellschafter der Jacobi Decor GmbH,

Donnerstag, 19. Oktober 2017 Interview mit Thomas und Ann-Kathrin Heinzen, Geschäftsführende Gesellschafter der Jacobi Decor GmbH,

Interview mit Thomas und Ann-Kathrin Heinzen, Geschäftsführende Gesellschafter der Jacobi Decor GmbH,

„Im Einkauf liegt der Segen des Geschäftes“

Die Jacobi Decor GmbH ist ein 1996 als Garagenbetrieb gegründetes Familienunternehmen. Es beschäftigt sich mit dem Vertrieb von Dekoartikeln rund um Torten und Backwaren und wendet sich hauptsächlich an Professionals (Bäcker und Konditoren). Zunehmend spielt auch das Geschäft mit Hobbybäckern eine Rolle. Das 1996 in Porz-Lindt als Garagenbetrieb gestartete Unternehmen beschäftigt heute 30 Mitarbeiter. Pro Troisdorf-Vorstandsvorsitzender Christian Seigerschmidt und Carsten Seim sprachen im Vorfeld eines Unternehmer-Frühstücks am Mittwoch, 18. Oktober, mit den Geschäftsführenden Gesellschaftern Thomas und Ann-Kathrin Heinzen.

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Dekor für Torten und Gebäck zu vertreiben?

Thomas Heinzen: Nach beruflichen Stationen in der Kaufhalle, wo ich als Abteilungsleiter „Verkauf“ tätig war, und bei der Bäckerei Nicolay in Bonn hatte ich mich 1993 zunächst mit einem Partner selbstständig gemacht. Wir haben Verkaufshilfen aus Plexiglas für Bäcker verkauft. Auf Messen für Bäckereiartikel habe ich dann sogenannte Cake-Kits gesehen, also Artikel, mit denen man Torten und anderes Gebäck dekorieren kann. Ich dachte aus dem Bauch heraus, dass der Handel mit diesen damals hierzulande noch nicht so breit bekannten Produkten ein Geschäft sein könnte und habe die Idee abends daheim meiner Frau Petra vorgetragen. Sie sagte mir erst einmal spontan: „Du bist ja nicht ganz dicht im Kopf!“ Aber sie hat meine Idee dann doch mit Rat und Tat unterstützt.

Ann-Kathrin Heinzen: Wenn wir damals gesagt haben, wir verkaufen Torten-Dekor, haben die Leute gefragt: „Was bitte?“ Heute ist der Begriff in der Branche geläufig und wir müssen da nichts mehr erklären.

Und wie haben Sie angefangen?

Thomas Heinzen: Wir haben in einer Garage in Porz-Lindt angefangen und alle wirklich unheimlich viel gearbeitet. Schließlich mussten wir alle Artikel in den PC eingeben, um eine Lagerwirtschaft aufzubauen – und wir mussten Kunden gewinnen. Ein Grundstock waren jene Bäcker-Kunden, die wir bereits durch den Vertrieb der Verkaufshilfen in unserem ersten Unternehmen kannten. Wir haben Mailings gemacht: 30 000 Briefe falten, kuvertieren, frankieren und verschicken. Das haben wir sämtlich in der Familie – meine Schwester, mein Schwager, meine Frau und ich – erledigt und alles selber gemacht, auch das Verpacken und Versenden der Ware.

Kaltakquise ist ein hartes Brot ...

Thomas Heinzen: Das war es auch. Wir haben Branchenlisten durchforstet und bearbeitet. Zudem muss man wissen, dass das Bäcker-Handwerk konservativ ist. Neue Ideen wie unser Torten-Dekor oder auch Lebensmittelfarben, die über die wenigen natürlichen Farbtöne hinausgehen, waren in einem solchen Umfeld anfangs nicht leicht in den Markt zu bringen. Ich habe mir gesagt: „Augen zu und durch!“ Und das mit zwei kleinen Kindern in der Familie. Meine Ehefrau Petra hat das alles glücklicherweise mitgetragen. Wir haben unsere erheblichen Anfangsinvestitionen aus unseren Ersparnissen und dann aus unserem Kontokorrent bezahlt und uns auf einen Way of no Return begeben.

Und haben Sie sich für Ihr Unternehmen Geld bei der Bank beschaffen können?

Thomas Heinzen: Anfang ging da gar nichts. Wir hatten keine Sicherheiten. Jahre später hat mir ein Banker gesagt, dass er anfangs nicht geglaubt habe, dass man mit unserer Idee Geld verdienen könnte. Heute bekommen wir als GmbH schon mal eine Blankolinie. Damals ging gar nichts. Wir haben jeden aufgenommenen Euro persönlich besichert. Unabhängig davon wuchs unser Geschäft – und 2003 wurde die Garage zu klein. Wir sind auf ein Fabrikgelände in Wahn umgezogen und hatten dort eine Fläche von 400 Quadratmetern. Unsere Kinder waren dort schon frühzeitig mit aktiv. Sie haben sich durch Arbeit im Lager etwas zum Standard-Taschengeld dazu verdient. Stolz bin ich, dass beide studiert haben. Mein Sohn ist der Logistik treu geblieben und ist international für eine Spedition aktiv. Meine Tochter Ann-Kathrin hat sich dafür entschieden, in unser Unternehmen einzusteigen.

Frau Heinzen, wie kam es dazu, wie haben Sie sich auf Ihre Aufgabe vorbereitet, und wie kamen Sie mit dem Rollenwechsel – von der Tochter zur Geschäftspartnerin Ihres Vaters – zurecht?

Ann-Kathrin Heinzen, Tochter des Unternehmensgründers: Ich habe Medienwirtschaft studiert und dabei auch kaufmännische Inhalte gelernt. Im Lager und der Produktwelt unseres Unternehmens kannte ich mich frühzeitig aus, denn das Lager war mein Spielplatz – und als Jugendliche habe ich, wie mein Vater ja schon gesagt hat, bereits mitgearbeitet. Ich wollte Unternehmerin werden und habe 2010 zunächst eine eigene Firma gegründet. Denn zunächst wollte ich mich selbst beweisen – und außerdem wusste ich ja nicht, ob und wie die Zusammenarbeit mit meinem Vater funktionieren würde. Mein Unternehmen beschäftigte sich mit der Bedruckung von Schokolade und anderen Lebensmitteln. Die Jacobi Decor GmbH und ich haben von Anfang an vertrieblich kooperiert.

Und wie sind Sie dann zusammengekommen?

Ann-Kathrin Heinzen: Vor zwei Jahren habe ich mein Unternehmen an die Jacobi Decor GmbH verkauft. Wir haben den Wert beider Unternehmen extern bewerten lassen. Und nach diesem Schlüssel bin ich nun an der Jacobi Decor GmbH beteiligt.  Wir sind nicht in allem einer Meinung, aber über alles betrachtet klappt unsere Zusammenarbeit.  

Thomas Heinzen: Meine Tochter ist natürlich jünger als ich und nimmt vieles anders wahr als ich. Das ist zum Beispiel für das Erkennen von Trends wichtig. Einer davon: Der Anteil essbarer Torten-Accessoires wächst.

30 Mitarbeiter, eine repräsentative Firmenzentrale mit mehr als 1000 Quadratmetern Lagerfläche – gab es auf dem Weg nach vorn auch Krisen?

Thomas Heinzen: 2003 hatten wir eine schwierige Phase aufgrund von Marktverschiebungen. Ich habe dann eine Finanz- und Unternehmensberatung in Anspruch genommen. Diese hat in unserem Unternehmen alles auf links gedreht und unsere Schulden umgeschichtet. Wir haben den Kontokorrent auf Darlehen umgeschichtet und die Zinslasten reduziert. Eine Lehre, die ich aus dieser Beratung gezogen habe: Man darf sich nicht zu kurzfristig finanzieren. Es geht darum, die eigene Liquidität zu erhalten.

Und wie haben Sie den richtigen Unternehmensberater gefunden?

Thomas Heinzen: Das war eigentlich Zufall. Die sind damals in Wahn über das Gelände gelaufen und haben sich auch bei uns vorgestellt. Bei uns hat sofort die Chemie gestimmt. Ich weiß heute, dass man sich helfen lassen sollte. Wir sind dieser Unternehmensberatung bis heute verbunden und zahlen Beiträge dafür, dass sie auch einmal auf meine Bilanz schauen. Ich kann nur jedem Unternehmer raten, sich auch einmal extern spiegeln zu lassen. Mit uns ist es nach der Erstberatung stetig aufwärts gegangen.

Sie haben eben über die Bedeutung von Liquidität gesprochen...

Ann-Kathrin Heinzen: Das ist für uns essenziell, weil es in unserem Produktsegment kein Kommissionsgeschäft gibt. Unsere Lieferanten sitzen in USA und Asien. Lieferung erfolgt hier nur gegen Vorkasse.

Wie sind Sie zu Ihren Lieferanten gekommen?

Thomas Heinzen: Wir haben anfangs alles aus Holland bekommen. Dort gibt es eine Firma Jacobi, deren Namen wir übernommen haben. Die suchten einen Vertrieb für Cake-Kits & Co. für Deutschland. Das Problem dabei war: Wir haben mit dieser Lieferkette zu wenig Marge erzielt, also viel für wenig gearbeitet. Ich habe inzwischen gelernt: „Der Segen liegt im Einkauf.“ Das ist die zentrale Voraussetzung dafür, vernünftiges Geld zu verdienen. Ich bin ein Händler-Typ und mir war klar, dass ich selbst an die Hersteller meiner Produkte herankommen musste und nicht länger nur verlängerter Vertriebsarm eines anderen Unternehmens sein konnte. Meine Tochter und ich sind dann selbst auf internationale  Messen gefahren und haben dort Direktkontakte zu Herstellern geknüpft.

Ann-Kathrin Heinzen: Zum ersten Mal war mein Vater 2006 allein in Hong Kong. Ich habe ihn 2007 dann das erste Mal begleitet. Man entwickelt auf Messen ein Bauchgefühl für gute Hersteller. Wir besichtigen aber auch Produktionsstätten zum Beispiel in China, um uns über Herstellungsbedingungen und Inhaltsstoffe zu informieren.

Thomas Heinzen: Wir steuern den Asieneinkauf über ein Büro in Hong Kong. Die Ehefrau unseres Sohnes ist Hong Kong-Chinesin und hält den Kontakt.

Direktbestellung per Telefon, Fax oder Mail, Webshop und ein Outlet in Nippes: Welche Kundenströme laufen wo auf?

Thomas Heinzen: Profis wie Bäcker oder Filialisten bestellen vielfach noch telefonisch oder per Fax. Ich hatte ja bereits gesagt, dass wir uns in einer konservativen Branche bewegen. Dieser Teil unserer Kundschaft deckt rund 80 Prozent unseres Umsatzes ab. Hobbybäcker kommen vielfach über unseren Webshop zu uns. Wir sprechen sie auch über unseren Laden in Köln-Nippes am.

In der Bäckerbranche gibt es einen starken Konzentrationsprozess. Trifft sie das?

Ann-Katrin Heinzen: Wirkooperieren zunehmend auch mit Supermärkten und öffnen uns über unseren Webshop seit 2006/2017 und den Outlet in Nippes andere Absatzmärkte. Zudem werden die verbliebenen Bäckereibetriebe über Filialkonzepte größer und nehmen damit mehr Ware ab. Wachstumsmärkte sind auch die Hotellerie, Cafés und Supermärkte.

Interview: Christian Seigerschmidt, Carsten Seim

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