Unternehmensnachfolge: Was bringt die Erbschaftsteuerreform?

Dienstag, 05. Juli 2016 Unternehmensnachfolge: Was bringt die Erbschaftsteuerreform?

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Steuerexperte Alexander Pyzalski. Foto: Carsten Seim

Unternehmensnachfolge: Was bringt die Erbschaftsteuerreform?

pro Troisdorf-Mitglied Alexander Pyzalski zur Erbschaftsteuerreform. Diese hat den Bundestag nach langem Ringen passiert. Die nachfolgenden Einschätzungen werden vorbehaltlich der noch bevorstehenden Diskussion im Bundesrat abgegeben. Beobachter rechnen damit, dass der Gesetzentwurf noch in den Vermittlungsausschuss muss. Es soll rückwirkend zum 30. Juni in Kraft treten.

Hintergrund: Die Reform war nötig geworden, weil das Bundesverfassungsgericht die bisher geltenden Regelungen bei der Betriebsnachfolge des ErbStG, insbesondere die Verschonungsregeln für Betriebsvermögen für zu weitgehend gehalten hatte. Die Verfassungsrichter hatten dem Gesetzgeber eine Frist für Änderungen bis zum 30. Juni dieses Jahres gesetzt. Wichtige Änderungen im vom Bundestag beschlossenen Entwurf:

Anpassung bei der Lohnsummenregelung

Das bisherige Erbschaftsteuerrecht besteuerte grundsätzlich 15 % des begünstigungsfähigen Betriebsvermögens, indem eine Verschonung des Betriebsvermögens in Höhe von 85 % gewährt wurde, wenn innerhalb von fünf Jahren der vierfache Betrag der durchschnittlichen Jahreslöhne gezahlt (400 %) und der Betrieb fortgeführt wurde. Die Verschonung konnte alternativ vollständig sein, wenn die Lohnsumme 700 % betrug und der Betrieb sieben Jahre fortbestand. Diese Lohnsummenregelung galt für Betriebe mit mehr als 20 Beschäftigten – Unternehmen mit geringerer Mitarbeiterzahl waren generell begünstigt. Im bisherigen Entwurf wurde diese Regelung dahingehend modifiziert, dass die Zahl der Beschäftigten, ab der die Lohnsumme für die Begünstigung geprüft wird, auf drei gesenkt wurde. Im beschlossenen Gesetzentwurf wird die Zahl der Beschäftigten im Vergleich zum vorherigen Entwurf von drei auf fünf Beschäftigte geringfügig angehoben. Ferner wird für Betriebe mit sechs bis 15 Beschäftigten eine gestaffelte Regelung eingeführt, nach der je nach Beschäftigtenzahl die Lohnsumme von 400 % auf 250 % (bis zu zehn Beschäftigte) oder 300 % (elf bis 15 Beschäftigte) vermindert wird.

Besteuerung großer Vermögen
Bisher galt die Begünstigung für Betriebsvermögen unabhängig vom Wert des Vermögens. Künftig gilt hierfür eine Obergrenze: Bei einem Erwerb von mehr als 26 Mio. € besteht ein Wahlrecht zwischen einer Verschonungsbedarfsprüfung und einem Verschonungsabschlag.
Bei der Verschonungsbedarfsprüfung findet eine Einzelfallprüfung statt, ob der Erwerb der Verschonung von der Besteuerung bedarf. Dazu muss der Begünstigte nachzuweisen, dass er nicht in der Lage sein würde, die Steuerschuld mit anderen Mitteln als dem erworbenen Betriebsvermögen zu begleichen. Soweit das übrige Vermögen nicht ausreicht, um die Erbschaft- oder Schenkungsteuer betragsmäßig zu begleichen, wird ein Erlass dieser Steuer gewährt. Im Übrigen muss die Steuer entrichtet werden.
Alternativ zur Verschonungsbedarfsprüfung kann ein Verschonungsabschlag gewählt werden. Bei Vermögen über 26 Mio. € sinkt der Abschlag stufenweise in Abhängigkeit vom Wert des Betriebsvermögens. Der bisherige Entwurf bestimmte beim Verschonungsabschmelzmodell für Vermögen ab 116 Mio. € einen einheitlichen Abschlag von 20 % bei einer Haltedauer von fünf Jahren bzw. von 35 % bei sieben Jahren – diese Regelung ist nun nicht mehr zu finden. Künftig sinkt die Verschonung um jeweils einen Prozentpunkt für jede vollen 750.000 €, die der Wert des begünstigten Vermögens den Betrag von 26 Mio. € übersteigt. Damit wird keine Verschonung mehr ab einem Erwerb von 90 Mio. € (bei der Optionsverschonung mit sieben Jahren Haltefrist und einer Lohnsumme von mindestens 700 %) bzw. von 89,75 Mio. € (bei der Regelverschonung mit fünf Jahren Haltefrist und einer Lohnsumme von mindestens 400 %) gewährt.

Begünstigung von Familienunternehmen
Für Familienunternehmen mit bestimmten gesellschaftsvertraglichen Voraussetzungen gibt es zusätzliche Regelungen, die auf weitergehende Verschonungen hinauslaufen. Sofern der Gesellschaftsvertrag Verfügungsbeschränkungen bei der Anteilsweitergabe vorsieht, führen diese zu einer Steuerbefreiung i.H.v. maximal 30 % bei der Bestimmung des Unternehmenswerts. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass der gemeine Wert eines Familienunternehmens aufgrund der für solche Unternehmen üblichen Verfügungsbeschränkungen bei der Anteilsweitergabe nicht dem Wert entspricht, den die Erben beim Verkauf tatsächlich erzielen können. Die Verfügungsbeschränkungen müssen zwei Jahre vor und 20 Jahre nach dem Tod des Erblassers bzw. dem Schenkungszeitpunkt bestehen.

Stundungsmöglichkeiten
Außerdem werden Stundungsmöglichkeiten für die Erbschaftsteuer eingeführt, wenn geplante Investitionen vorgenommen werden: Aus diesem Grund werden diejenigen Mittel aus einem Erbe, die dem Willen des Erblassers entsprechend innerhalb von zwei Jahren nach seinem Tod für Investitionen in das Unternehmen getätigt werden, steuerrechtlich begünstigt.

Begünstigtes Vermögen
Nach dem bisherigen Entwurf war Vermögen begünstigt, das dem Hauptzweck des Unternehmens dient. Damit war eine Abkehr von der problematischen Abgrenzung des begünstigten Betriebsvermögens vom nicht begünstigten Verwaltungsvermögen beabsichtigt worden. Allerdings kehrt der verabschiedete Gesetzentwurf nun wieder zur bisherigen Abgrenzung zurück. Verwaltungsvermögen ist grundsätzlich nicht begünstigt. Es wird aber bis zu 10 % wie steuerrechtlich begünstigtes Betriebsvermögen behandelt. Zudem wird klargestellt, dass Drittlandsbeteiligungen bei einer Holdinggesellschaft, Altersversorgungsverpflichtungen und verpachtete Grundstücke, die zum Zweck des Absatzes von eigenen Produkten überlassen werden (z.B. bei Brauereigaststätten und Tankstellen), begünstigt sind. Geld und geldwerte Forderungen (Finanzmittel) können zu 15 % zum steuerrechtlich begünstigten Vermögen gerechnet werden.

Geänderte Vermögensbewertung
Weil eine Bewertung im vereinfachten Ertragswertverfahren nach den §§ 199 ff. BewG, das grundsätzlich anzuwenden ist, zu einem Wert führt, der bei einem freihändigen Verkauf realistischerweise nicht erzielt wird, sieht die Neufassung eine Abmilderung vor: Der Kapitalisierungsfaktor, der für die Bestimmung des Unternehmenswerts maßgeblich ist, wird angepasst. Dieser Kapitalisierungsfaktor beträgt derzeit 17,86 und wird auf einen Faktor von 10 bis maximal 12,5 vermindert.

Quelle: Steuerberaterkammer Düsseldorf

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